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Der Rivale des Pharaos, Bd.1

Autor: Horst Hustert


Seiten: 509 | Verlag: Principal Erscheinungsjahr: 2004 | ISBN: 3899690184 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Das Findelkind Sen lebt in einem abgelegenen Teil des Landes Punt bei seinen dunkelhäutigen Zieheltern. Bei einem Jagdausflug wird Sen zusammen mit seinem Freund Mat von der ägyptischen Punt-Expedition Hatschepsuts entdeckt, auf die ägyptischen Schiffe gebracht und mit nach Ägypten genommen.
Expeditionsleiter Senmut merkt schnell, dass der kleine Sen klug und wissbegierig ist. In Ägypten angekommen, steckt er ihn daher in die Palastschule und überwacht seine Lernfortschritte. Sen lernt schnell und findet auch einige Freunde unter den anderen Schülern. Vor allem Merit, eine grünäugige mitannische Prinzessin, hat es ihm angetan.

Im Laufe der Jahre wächst Sen zu einem klugen, jungen Mann heran und erlebt dabei einige Abenteuer. Er befreit den unschuldig verurteilten Jungen Harrab aus einem Straflager, er entdeckt, dass Senmut der heimliche Geliebte der Pharaonin Hatschepsut ist, er deckt zusammen mit seinem Freund Thotmes einen Grabraub auf und lernt dabei den Thronfolger Thutmosis kennen.
Bei der Besichtigung des Totentempels, den Senmut für Hatschepsut baut, entdeckt Prinz Thutmosis, dass Senmut sich dort in Wandmalereien selbst verewigt und sogar einen unterirdischen Verbindungsgang zur Grabkkammer seiner Geliebten gebaut hat. Dies stellt für einen aus einfachen Verhältnissen stammenden Mann einen ungeheuren Frevel dar und Thutmosis beschließt sofort, Senmut, der gerade eine Reise zu den Goldminen unternimmt, zu suchen und vor Gericht zu stellen. Sein Todesurteil wäre gewiss.
Abends wird Sen zu Hatschepsut gerufen, die ihm die geheime Reiseroute von Senmut mitteilt und ihn bittet, diesen zu warnen. Obwohl er sich der Gefahr bewusst ist und weiß, dass er sich damit den Thronfolger zum ewigen Feind machen wird, begibt sich Sen auf die Reise zu seinem Förderer Senmut. Zusammen mit ihm beginnt die Flucht vor den Verfolgern quer durch Ägypten bis zur Oase Dachla, wo sich Senmut vor Jahren ein kleines Grab hergerichtet hat. Senmut weiß, dass er nicht mehr zum Palast zurückkehren kann und Hatschepsut nie wiedersehen wird. Er beauftragt Sen daher mit einigen Aufgaben für seine Bestattung und tötet sich während seiner Abwesenheit selbst.
Aber noch immer wird nach Sen und Senmut, von dessen Tod ja niemand weiß, im ganzen Land gesucht. Ägypten ist für Sen nicht mehr sicher. Hatschepsut schickt ihn deshalb zusammen mit seinen Freunden, dem Kapitän Mennon und dem Steuermann Mamose, per Schiff in Richtung der nordöstlichen Nachbarvölker. Somit wäre Sen außerhalb Ägyptens und auch außer Gefahr – und könnte für Hatschepsut gleichzeitig etwas über die aufrührerischen Bestrebungen an den Grenzen herausfinden, von denen man am Palast gehört hat.
So beginnt für Sen die Flucht aus Ägypten. Eine Reise ins Unbekannte, von der keiner weiß, wie lange sie dauern wird und ob Sen jemals nach Ägypten und zu seiner großen Liebe Merit zurückkehren kann.

Dieses 500 Seiten starke Buch umfasst den ersten Teil des zweiteiligen Romans. Es steckt voller kleiner Geschichten und Nebenhandlungen, die nicht einmal ansatzweise in der Inhaltsangabe erwähnt werden können. Horst Hustert hat wirklich viele Ideen, wie er dem Leser die einzelnen Personen und ihre Charaktere näherbringen kann. Sen ist ein ruhiger und nachdenklicher Junge, der in brenzligen Situationen ganz ruhig wird und dann meist eine kluge Idee hat. Diese Eigenschaft, gepaart mit seiner ehrlichen und loyalen Art, machen ihn sowohl bei seinen Mitschülern wie auch bei den Erwachsenen beliebt. Er hat seine Kindheit in Punt bald vergessen und scheint eine Karriere am Hofe vor sich zu haben. Bis hierhin ist es eine schöne Geschichte mit netten Figuren und vor sich hinplätschernder Handlung. Sie erinnert dabei ein bisschen an die Geschichten von Christian Jacq, mit einfachen, klaren Charakterzeichnungen und vielen guten Menschen; mit wahrer Liebe und nur einigen wenigen Bösen, von denen der Leser aber ahnt, dass sie die Guten nie besiegen werden.

Aber als sich Sen für den in Ungnade gefallenen Senmut einsetzt, ändert sich sein Leben schlagartig. Von nun an ist er auf der Flucht und muss sich in fremden Ländern behaupten. Ab hier gewinnt die Geschichte deutlich an Fahrt. Und im Gegensatz zu Jacqs Romanen geraten hier auch die Gefühle der Hauptfigur zunehmend ins Wanken. Steht Sen mit seiner Entscheidung für Senmut und Hatschepsut auf der richtigen Seite? Wer sind eigentlich im Grenzkonflikt die Guten und wer die Bösen? Und wer würde nicht schwach werden, wenn er seine große Liebe vielleicht nie wiedersehen wird und in der Fremde auf ein schönes, kluges und leidenschaftliches Mädchen trifft?

Dass der Autor ein talentierter Erzähler ist, lässt sich nicht bestreiten. Er kann sich herrlich in die Gedanken des kleinen Jungen, aber auch des heranwachsenden Sen hineinversetzen. In der Vielzahl der kleinen Szenen am Rande der Hauptgeschichte sind einige wirklich schöne Einfälle dabei, bspw. wenn dem etwa 10-jährigen Sen während eines Festes auffällt, dass eigentlich alle Männer eine Frau im Arm halten und er sich fragt, ob er, um die Ägypter nicht zu beleidigen, ebenfalls eine der Dienerinnen in den Arm nehmen sollte. „Aber was soll ich mit einer Frau anfangen?“, fragt er sich.
Leider fallen auch einige nicht in die Zeit passende Ausdrücke, wie „Blutvergiftung“ oder „Tal der Könige“, auf. Und einen Ägypter sagen zu lassen, das Gehirn sei der Sitz des Denkens, zeigt ebenfalls, dass die Fachkenntnisse des Autoren über die altägyptische Kultur begrenzt sind. Denn damals wurde das Herz als Sitz der Gedanken und des Verstandes angesehen. Das Gehirn wurde dagegen bei der Mumifizierung entfernt und — weil unnütz — auch nicht mit den anderen wichtigen Organen für das Leben im Jenseits aufgehoben.

Zwar wird die Geschichte an keiner Stelle so richtig spannend und es fiel mir daher leicht, das Buch auch mal für ein paar Tage aus der Hand zu legen, aber dennoch macht das Lesen richtig Spaß, denn die vielen kleinen erzählerischen Ideen Husterts machen die Lektüre sehr abwechslungsreich. Ich freue mich bereits auf den zweiten Teil, in dem dann vielleicht auch klar wird, warum der Roman eigentlich „Der Rivale des Pharaos“ heißt.

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