Von Flüchen in Gräbern

Dies ist die bekannteste Fluchformel, die angeblich auf einer Tontafel in der Vorkammer von Tutanchamuns Grab gefunden worden sein soll. Diese soll katalogisiert und von dem Ägyptologen Alan Gardiner übersetzt worden sein.

Doch es gibt keinerlei Aufzeichnungen, die eine Existenz dieser Tontafel bestätigen könnten. Daher zweifeln Ägyptologen diese Geschichte mittlerweile an. Doch woher stammt dieser „Fluch“? Die Spur führt zu einer Autorin namens Marie Corelli, die 1913 diese Fluchformel in der New York Times publiziert hat. Wie sie selbst erzählte, soll sie diesen Spruch aus einem Buch übernommen haben, das über ein altägyptisches Grab berichtete. Nur ist bis heute kein Buch mit diesem „Fluch“ bekannt. In Tutanchamuns Grab wurde jedenfalls nie eine Fluchformel gefunden. Weder auf den verschiedenen Eingängen, noch auf irgendwelchen Grabbeigaben, wie immer wieder behauptet wurde.

Von Flüchen, Schutzzaubern, gefährlichen Substanzen und Schimmelpilzen

Alljene, die in dieses Grab in ihrer Unreinheit eintreten und die schlechte Dinge darin tun sollten: Sie werden gerichtet werden vor dem großen Gott

Aus der Scheintür des Hetep-her-achet im Museum Leiden
Alte Reich, um 2400 v. Chr., Sakkara

Flüche in ihrem eigentlichen Sinne, fanden Archäologen nie in Gräbern. Aber auf Drohungen wie die beiden hier genannten Inschriften, trifft man schon eher in dem ein oder anderen Grab. Ob die Ägypter wirklich daran glaubten und solche Sprüchen mit vor sich hin murmelnden Beschwörungsformeln an die Wände ihrer Gräber schrieben, sei mal dahin gestellt. Vielleicht erhoffte sich der Grabherr auch nur schlicht und einfach eine abschreckende Wirkung gegenüber abergläubischen Grabräubern.

Was irgendeinen, der dieses Grab in seiner Unreinheit betreten wird, angeht: Ich werde ihn greifen wie einen Vogel. Er wird gerichtet werden deswegen vor dem Großen Gott.

Auf einer Portalnische aus dem Grab Harchufs
Alte Reich, um 2250 v. Chr., Qubbet el-Hawa

Die magischen Ziegel

Ab dem Neuen Reich findet man in vielen Gräbern vier Lehmziegel, die in allen vier Himmelsrichtungen in der Grabkammer aufgestellt wurden.

Auf ihnen legte man jeweils ein unterschiedliches Amulett:

  • ein Djed-Pfeiler aus Fayence (als Zeichen für Dauer) auf dem Ziegel der Westwand,
  • den schakalköpfigen oder – gestaltigen Anubis aus ungebranntem Ton an der Ostwand
  • eine mumiengestaltige Figur an der Nordwand
  • eine Fackel aus Schilfrohr steckte man in den Ziegel an der Südwand

Alle vier Symbole schauten auf die Mitte des Raumes, wo der Sarkophag lag.

In Pharao Ejes Grab sieht man noch die Nischen, in denen die magischen Ziegel gelegt wurden (die beiden Löcher an den Wänden, kurz über der Absperrung)
Grab des Eje, Theben-West
Neues Reich, 18. Dynastie

Auf den Ziegeln standen Teile des Kapitels 151 des Totenbuches „(…) Der du kommst, um mich anzugreifen, (… ) Ich werde dich angreifen, ich werde dich mit dem Lasso fangen, (denn) ich bin der Schutz des NN“1 (d.h. des Verstorbenen).

Es handelt sich also um einen Schutzzauber, der die Mumie und das Grab vor allem Bösen schützen soll. Damit waren aber nicht die Grabräuber gemeint, sondern böse Götter und Dämonen, die aus dem Reich des Osiris kamen, und dem Verstorbenen das ewige Leben rauben wollten. Auch in Tutanchamuns Grab fanden die Ausgräber vier magische Ziegel.

Vom Aspergillus Flavus und anderen Pilzsporen

Mikrobiologische Untersuchungen haben tatsächlich den Beweis erbracht, dass sich auf den Grabwänden, im Staub und in jahrtausendealten Nahrungsmitteln, die der Grabherr mit auf seine Reise ins Jenseits nehmen sollte, Sporen von unterschiedlichen Pilzen der Gattung Aspergillus (der bekannteste ist der Aspergillus flavus) sowie des Schimmelpilzes Cephalosporium fanden.

Archäologen, die viel mit Papyri arbeiten, so eine Studie aus dem Jahr 1962, litten besonders häufig an Hautausschlag und Atemwegserkrankungen – Krankheiten, die durch Aspergillus-Pilze ausgelöst werden können. Sporen von Pilzen können also tatsächlich die Jahrtausende überlebt haben. Für gesunde Menschen sind sie aber relativ harmlos. Nur gesundheitlich sehr angeschlagene Menschen können dadurch ernsthaft krank werden und dann sogar an Organversagen sterben.

Sachmet im Ptah-Tempel
Die Menschen glauben nicht nur an Flüche in Gräbern. Im Ptah-Heiligtum des Karnak-Tempels soll eine Statue der löwenköpfigen Sachmet verflucht gewesen sein. Über Jahre hinweg soll die Göttin in hellen Mondnächten ihr Unwesen in der Stadt getrieben und kleine Kinder getötet haben. Dieser Aberglaube ging sogar so weit, dass die Bewohner mit Steinen und Knüppeln auf die Statue der Sachmet eingeschlagen haben.

Giftige Substanzen in Gräbern

Durch die „mysteriösen“ Todesfälle nach der Graböffnung Tutanchamuns (→ Der Fluch des Pharao) hielt sich viele Jahre lang das Gerücht, dass die alten Ägypter absichtlich Substanzen in ihren Gräbern verstreuten, um Eindringlingen den Garaus zu machen.

Eisenoxid

In der Baharia Oase im Grab des Zedchonsuefanch, der unter Pharao Apries (585-570 v. Chr.) lebte, fand im Jahr 2000 der damalige Leiter der ägyptischen Altertümerverwaltung Zahi Hawass auf dem Sarkophag ein gelbes Pulver. Dieses Pulver stellte sich als Eisenoxid heraus, das in dem Grab einen schlimmen Gestank verbreitete und Hawass den Atem raubte. Erst mit Atemmasken konnte das archäologische Team das Grab wieder betreten und das Pulver entfernen. Warum es dort lag – dafür hatte Hawass auch keine Erklärung. Aber ob es dort verstreut wurde, um Grabräuber in die Flucht zu treiben, ist nicht gesichert. Zumindest ist bisher kein Grab entdeckt worden, in dem die Skelette von vergifteten antiken Grabräubern stapelweise aufeinanderlagen.

Radioktivität?

Andere Forscher haben gar behauptet, dass die Ägypter ihre Gräber radioaktiv verseucht haben. In manchen Granitformen lässt sich tatsächlich radioaktives Uran feststellen – zumindest prinzipiell. In einem ägyptischen Grab konnte bisher noch kein mit Uran angereicherter Granit entdeckt werden.

1 zitiert aus Erik Hornung: Das Totenbuch der Ägypter, S. 320