Chnum – Schöpfer und Hüter der Nilquellen

Die lebensspendene Nilflut entsprang nach dem Glauben der alten Ägypter aus einer Höhle des Nilgottes Hapi, der im 1. Katarakt bei der Insel Elephantine seine Heimat hatte. Hier war Chnum der „Herr des Kataraktes“ und Hüter der Nilquellen, der die jährliche Überschwemmung hervorbringt.

Der Gott Chnum mit geschwungenen Hörnern Tempel von Elephantine
Der Gott Chnum mit geschwungenen Hörnern
Tempel von Elephantine

Chnum und die Hungersnotstele

Auf der Insel Sehel befindet sich die so genannte Hungersnotstele aus der ptolemäischen Zeit. Der Text stammt entweder aus der Zeit Djosers oder es ist eine fiktive Geschichte:
Nach einer 7-jährigen Hungersnot beauftragt Pharao Djoser seinen Gelehrten Imhotep, den Ursprungsort der Nilüberschwemmung zu ergründen. Nach Einsicht der Schriften wird die Insel Elephantine ausgemacht und Djoser spendet den lokalen Gottheiten Opfer zur Besänftigung. Seine Opfer haben Erfolg, denn im Traum erscheint ihm der Gott Chnum mit dem Versprechen, dass Ägypten zu neuer Blüte kommen wird. Daraufhin sichert der König Chnum Erträge für seinen Tempel aus dem nubischen „Zwölfmeilenland“ südlich von Elephantine zu.

„Herr der Krokodile“

Sein Beiname „Herr der Krokodile“ verstärkt den Bezug zum Nil. Neith als Mutter Sobeks ist eine der wichtigsten Nebengottheiten in seinem Tempel in Esna.

Chnum als Widder Tempel von Elephantine
Chnum als Widder
Tempel von Elephantine

Chnum als Schöpfergott

Ein Grund warum Chnum auch als Schöpfergott angesehen wurde, könnte in seiner Aufgabe als Hüter des lebensspendenen Nil mit seinem fruchtbaren Schlamm begründet liegen und weil den Widdern eine besondere Zeugungskraft nachgesagt wurde. In den Glauben der alten Ägypter sitzt Chnum vor einer Töpferscheibe, auf der Menschen, Tiere und Pflanzen aus seinen Händen geformt und mit Magie zum Leben erweckt werden. Dies tut Chnum normalerweise auf Geheiß eines anderen Gottes, wie z.B. im Brüdermärchen, als Chnum von der Neunheit von Heliopolis beauftragt wird eine Ehefrau für Bata zu formen.

In seinem zweiten Hauptkultort Esna befindet sich ein Text, in dem Chnum für das Modellieren von Göttern, Menschen, Vieh, Vögel und Fische verehrt wird. Aber auch Feldfrüchte, Blumen und Bäume erschuf er so wie „Schluchten im Leib der Berge“ und Steinbrüche, die „ihre Steine ausspien“. Also alles, was Menschen und Götter wichtig war zum Leben.

Chnum und die Geburt

Chnum sitzt an seiner Töpferscheibe
Spätzeit

Rijksmuseum van Oudheden

In den Tempeln des Landes, in denen die göttliche Geburt eines Pharaos dargestellt wird, ist Chnum häufig zu Gast. Hier sitzt er vor seiner Töpferscheibe, auf der er den jungen Pharao und seinen Ka modelliert. Zwei berühmte Darstellungen der göttlichen Geburt befinden sich im Luxor-Tempel und im Hatschepsut-Tempel von Deir el-Bahari, in denen Chnum Pharao Amenophis III. bzw. Königin Hatschepsut auf seiner Töpferscheibe formt.

In der Geschichte von „Pharao Cheops und die Zaubermärchen“ wird Chnum, „der den Atem des Lebens gibt“ von Re beauftragt, zusammen mit den vier Göttinnen Isis, Nephthys, Meschenet und Heket der Priesterfrau Rededjet bei der Entbindung von Drillingen beizustehen.
Die Göttinnen halfen bei der Geburt der drei Königskinder Userkaf, Sahure und Neferirkare. Meschenet prophezeite jedem von ihnen, er würde König werden und „Chnum gab ihm Kraft“
So verwundert es auch kaum, dass der Pharao schon in den Pyramidentexten als „Sohn des Chnum“ bezeichnet wurde.

Darstellung

Chnum mit der Atef-Krone Tempel von Esna
Chnum mit der Atef-Krone
Tempel von Esna

Der Gott Chnum wurde mit menschlichem Körper und einem Widderkopf abgebildet. Er trägt die geschwungenen Hörner des ovis longipes palaeoagytiaca, die erste Schafart, die im alten Ägypten gezüchtet wurde und die spätestens im Neuen Reich ausgestorben war. Später kann er auch die kurzen Hörner des ovis platyra aegyptiaca tragen.

Seltener wird Chnum auch komplett als Widder dargestellt. Die häufigsten Darstellungen in kompletter Tiergestalt finden sich im frühen Alten Reich.

Auf seinem Kopf können zwei hohe Federn, die Atef-Krone oder die weiße Krone Oberägyptens abgebildet sein.

Insbesondere in den Mammisis, den Geburtshäusern der Tempel, sieht man ihn vor einer Töpferscheibe sitzen, auf der er den kindlichen König formt und Leben schenkt.

Der Name Chnum

Die Bedeutung des Namens lautet wahrscheinlich „Widder“ oder „Schaf“

Chum in Hieroglyphen

Chnum in Hieroglyphen

Weitere Namensformen

Chnumu, gr. Chnumis, Chnubis, Chnubo oder Knubis

Erste Erwähnung des Namens

In den Pyramidentexten

Familie

Mit seiner Gattin Satis und seiner Tochter Anuket bildet er zusammen auf Elephantine eine Triade.
In Esna ist Chnums Ehefrau eine Löwengöttin namens Menhit. Zusammen mit dem gemeinsamen Sohn Heket bilden sie hier eine Triade.

Verbindungen mit anderen Göttern

Wegen seiner Eigenschaft als Schöpfergott und weil das altägyptische Wort Ba einerseits eine Art Lebenskraft für Götter und Menschen bedeutete, andererseits aber auch ein Wort für Widder war, bezeichneten die Ägypter Chnum auch als Ba des Re.

In anderen Städten wurde Chnum als Ba des Geb (Herwer, in der Nähe von el-Ashmunein) als Ba des Osiris (Shashotep) und als Ba des Schu verehrt. Chnum als Ba der vier genannten Götter konnte so auch als Widder mit vier Köpfen dargestellt und als Herr der Anfangsstadt (Elephantine) verehrt werden

Orte/Zeiten der Verehrung

Die wichtigsten Kultorte in Ägypten lagen hauptsächlich in Oberägypten und Nubien und weniger in Unterägypten. Hier gab es in Memphis einen Chnum-Kult in Verbindung mit dem Gott Ptah, von dem ebenfalls behauptet wurde, er würde an seiner Töpferscheibe die Menschen formen. Um die Eigenschaften der beiden Götter in Einklang zu bringen, hatten die Ägypter eine ganz einfach Erklärung: „Chnum hat dich geformt, Ptah hat dich gebildet“

Doch die beiden wichtigsten Kultorte Chnums waren die oberägyptischen Städte Esna und Elephantine.

Elephantine

Auf der Insel Elephantine lassen sich seine Spuren bis in die Frühzeit zurückverfolgen. Die meisten stammen jedoch aus dem Neuen Reich und der griechisch-römischen Epoche. An diesem Ort wurden geopferte Widder mumifiziert und in Steinsarkophagen bestattet.

Esna

Ein weiterer Hauptkultort war Esna, wovon heute nur noch die Hypostyl-Halle steht