Senet & Co – Spiele für Erwachsene und Kinder

Senet war das beliebteste Spiel im alten Ägypten. Nicht ohne Grund, denn die gläubigen Ägypter verbanden das Spiel mit ihrem Jenseitsglauben. Es war ein mythisches Spiel um Tod und Wiedergeburt sowie das ewige Leben.

Senet bedeutet so viel wie „vorbeigehen“ oder „passieren“. Der Verstorbene musste den gefährlichen Pfaden der Unterwelt folgen, um in die seligen Gefilde einzukehren. So musste auch der Spieler seine Spielsteine sicher über das Brett führen, um seine Wiedergeburt und ein „verklärtes“ und ewiges Leben zu sichern. Er nahm sozusagen sein Schicksal in die eigene Hand und erspielte sich einen guten Ausgang für sein ewiges Leben.

Senet

Gespielt wurde Senet entweder auf Spielbrettern oder es wurde mal eben schnell auf Felsen eingeritzt oder in den Boden gezeichnet. Der Senet-Spielkasten bestand aus 30 Spielfeldern, die in drei Zeilen quadratisch nebeneinander angeordnet waren. An der Vorder- und Hinterseite waren kleine Schubladen eingelassen, in dem sich das Spielzubehör befand, das aus Spielsteinen und Würfeln bestand. Ein Spieler durfte die 5 (vor dem Neuen Reich 7) spulförmigen, der andere die 5 (7) kegelförmigen (sie sehen so ähnlich aus wie bei unserem heutigen Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel) Spielsteine benutzen. Farblich abgegrenzt wurden sie nicht.

Senet-Spiel aus Fayence. Das Holz wurde in moderner Zeit für die Rekonstruktion des Senet Spielbretts hinzugefügt
Gefunden in einem Grab in Abydos
Neues Reich, 18. Dynastie
Metropolitan Museum of Art
Lizensiert unter Creative Commons Zero (CC0)

Würfel

Wurfstäbchen
Neues Reich, 18. Dynastie
Metropolitan Museum of Art
Lizensiert unter Creative Commons Zero (CC0)
Astragal

Gewürfelt wurde entweder mit 4 Wurfstäbchen oder 1-2 Astragalen (siehe Bild links, Sprunggelenkknöchelchen vom Rind, Schaf oder der Ziege). Die Wurfstäbchen bestanden aus einer gewölbten und einer flachen Seite. Auf der gewölbten Seite befanden sich Einkerbungen, die flache Seite war nicht markiert. Für das Würfeln zählten nur die unmarkierten, flachen Seiten. Wenn also zwei flache Seiten nach oben zeigten, durfte der Spieler 2 Felder vorrücken. Eine Ausnahme war, wenn alle 4 flachen Seiten nach oben zeigten. Dann durfte der Spieler sogar 5 Felder vorrücken.

Mit den Astragalen würfelten die Ägypter ab der 17. Dynastie, ab der 19. ersetzten sie komplett die Wurfstäbe. Anders als unsere heutigen Würfel, die auch mal mit zu viel Schwung vom Tisch rollen oder auf Kippe landen können, verhindert die unebene Knochenform der Astragalen solche „Missgeschicke“. Die 4 Seiten konnte man optisch so gut voneinander unterscheiden, dass sie ohne Einkerbungen zu erkennen waren.

Senet Spielregeln

Eine Anleitung für das Spiel ist niemals gefunden worden. Wissenschaftler können aber durch Inschriften, Abbildungen und Funde von mehr als 120 Spielfeldern das Spielprinzip ziemlich sicher rekonstruieren. Senet konnte zu zweit oder aber alleine gespielt werden. Es war sowohl ein Glücks-als auch ein Strategiespiel. Mit zwei nebeneinander gestellten Spielfiguren konnte man den Gegenspieler behindern oder mit dreien sogar blockieren (ähnlich wie bei Malefiz).

Senet

Eine Spielfigur fing oben links an, ging die Reihe weiter und rückte rechts angekommen eine Spalte weiter nach unten. Die Spieler bewegten sich also s-förmig über das Spielbrett. Die Spielfelder 15, 26, 27, 28, 29 und gelegentlich auch 30 waren mit Hieroglyphen versehen. Diese Felder hatten alle unterschiedliche Bedeutungen:

Feld 15„Haus der Wiedergeburt“
Wenn man dieses Feld erreichte, durfte der Spieler wahrscheinlich noch mal würfeln.
Feld 26„Das schöne Haus“
Der Spieler musste auf dieses Feld kommen, um weiterspielen zu können. Das Feld stand symbolisch für die Wiedergeburt und das ewige Leben.
Feld 27Wenn der Spieler auf dieses unglückselige Feld kam, verlor er seine Spielfigur. Das Feld hatte drei Wasserlinien, die wahrscheinlich das Wasser des Chaos symbolisierten. Die Barke des Re fuhr sicher über den Fluss der Unterwelt, nur die Sünder waren dazu verdammt in dem Wasser zu ertrinken.
Feld 28 und 29Auf den beiden Feldern brauchte der Spieler nur noch eine 3 bzw. eine 2 zu würfeln um mit seinem Spielstein vom Spielbrett zu gelangen. Daher waren auf diesen Feldern auch drei, bzw. zwei gleiche Hieroglyphen abgebildet.
Feld 30Hier brauchte man demzufolge nur noch eine 1 zu würfeln. Auf einigen Spielbrettern war eine Fahne (Hieroglyphe für Gott), ein Falke (der Gott Horus) oder eine Sonnenscheibe (der Gott Re) abgebildet. Wer darauf kam, war also dem Gott (Horus, Re) sehr nahe.

Gewonnen hatte derjenige, der alle 5 (bzw. 7) Spielfiguren vom Spielbrett herunterbewegt hatte, wie beim Mensch-ärgere-dich-nicht. Nur gab es kein Herausschmeißen der Spielfiguren sondern ein Austauschen wie beim Backgammon. Der Gegner wurde also zurückgesetzt und überholt.

Senet-Varianten

Auf der Unterseite einiger Senet-Spielekästen fand man bis in die 19. Dynastie auch ein Feld mit 20 Spielfeldern oder als aufklappbare Variante auch mit 31 Spielfeldern. Wie diese beiden Spiele funktionieren wissen wir nicht genau. Spielerisch als auch symbolisch wird es aber wahrscheinlich ähnlich wie Senet gewesen sein.

Hunde und Schakale

Neben dem Senet ein ebenfalls sehr beliebtes Spiel war Hunde und Schakale, wie wir es heute nennen, da die Spielfiguren in Hunde- bzw. Schakalköpfen enden. Eher seltener wird es auch Schildspiel genannt, da das Spielbrett dem Schild eines altägyptischen Soldaten ähnelt.

Hunde und Schakale Spiel
Mittleres Reich, 12. Dynastie
Metropolitan Museum of Art
Lizensiert unter Creative Commons Zero (CC0)

Wie beim Senet bestand das Spielbrett aus 30 Feldern. Eigentlich waren es 59, aber anders als beim Senet saßen sich hier die Spieler gegenüber und teilten sich das Spielbrett. Jeder Spieler hatte 29 Spielfelder, 10 auf der Innenseite und 19 auf der äußeren. In deren eingekerbten Löchern konnten die Spielfiguren gesteckt werden. Das „Gemeinschaftsloch“ am zentralen oberen Teil des Spielfeldes konnten die beiden Gegenspieler gemeinsam nutzen.

In manchen Spielen waren Querverbindungen eingeritzt, so dass man von der 19er Seite zu 10er Seite und/oder umgekehrt wechseln konnte. Auf einigen Feldern waren außerdem die Hieroglyphe für „schön“ (nfr) eingekerbt, was dem Spieler anscheinend Vorteile brachte.

Das Schlangenspiel

Das Spiel verdankt seinem Namen seinem Spielbrett, das wie eine eingerollte Schlange aussieht. Es heißt auf altägyptisch Ringelschlange (mhn). Der Kopf der Schlange befindet sich in der Mitte des Spielfeldes, der Schwanz am äußersten Rand.

Schlangenspiel Reichsmuseum Leiden
Schlangenspiel
Reichsmuseum Leiden

Der Schlangenkörper ist manchmal in Abschnitte unterteilt, die wahrscheinlich Spielfelder darstellen sollen. Die Spielsteine, die hier „Tänzer“ genannt wurden, bestanden aus 6 liegenden weiblichen und männlichen Löwen (jeweils 3). Jedem Löwen waren 6 Kugeln zugeordnet. Dies ist auch das Einzige, was wir sicher wissen.

Spielregeln

Über die Spielregeln kann man nur Vermutungen anstellen. Eventuell mussten die Spieler ihr Geschick beweisen und die Kugeln – auf welche Weise auch immer – möglichst nahe ans Zentrum befördern.

Je nachdem, wie das glückte, durfte man seine Löwen weiter nach vorne bzw. zurück setzen. Ziel des Spiels war es, seine Löwen zum Schlangenkopf zu befördern.

In der ägyptischen Mythologie köpft der Sonnengott Re in Form einer großen Katze den Schlangengott Apophis. Nach der Epoche des alten Reiches ist dieses Spiel in Vergessenheit geraten.

Spiele für Kinder

Schon die kleinen Ägypter waren sehr kreativ, was ihre Freizeitbeschäftigung anbetraf. Schließlich galt es besonders bei den armen Schichten, aus wenigen Mitteln möglichst viel zu machen. Dabei blieben die Jungen und Mädchen meistens unter sich.

Die hier beschriebenen Spiele sind noch nicht einmal alle, die in nur 5 Gräbern des Mittleren Reiches dargestellt wurden. Bei manchen bleibt uns der Sinn des Spiels verborgen. Im Neuen Reich bricht die Darstellung von spielenden Kindern plötzlich ab, und so werden noch viele Spielideen der Ägypter ein Geheimnis für uns bleiben.

Wer ist geschickter? Wer stärker? Wer gewandter?

Drehkreisel
Drehkreiselspiel „Errichten einer Weinlaube“
© Jon Bodsworth
Grab des Mereruka, Sakkara
Altes Reich, 6. Dynastie

Viele Spiele ähneln denen, die wir noch aus unserer Kindheit kennen. Neben Bockspringen, Fangen und Raufen gab es eine Art Tauziehen, das bei den Jungs sehr beliebt war. Zwei Jungen hielten sich an ihren Handgelenken fest und stützen die Füße gegeneinander. Dann fingen sie feste an zu ziehen. Unterstützung erhielten sie von anderen, die ihre Hände um die Hüfte des jeweiligen Vordermanns legten.

Gleichgewichtsspiele

Es gab auch eine Reihe an Gleichgewichtsspielen, wie das so genannte Eselspiel, bei dem ein Kind auf dem Rücken eines Erwachsenen versuchen musste, das Gleichgewicht zu halten. Oder eine Person versuchte, auf allen Vieren auf den Schultern einer Reihe Schreitender nicht herunterzufallen. Eines der bekanntesten Spiele aus dieser Reihe war das Drehkreisspiel. Zwei Kinder in der Mitte wirbelten dabei ihre Kameraden mit hoher Geschwindigkeit im Kreis herum. Das Spiel heißt übersetzt „Errichten einer Weinlaube“. Der Schwindel muss ähnlich wie nach dem Genuss von zu viel Wein gewesen sein.

Ballspiele

Kinder beim Ballspiel
Vier Mädchen spielen ein Huckepack-Ballspiel.
Nachzeichnung aus dem Grab des Baket, Beni Hassan
Mittleres Reich, 12. Dynastie

Das Ballspiel scheint ein typischer Zeitvertreib für das weibliche Geschöpf gewesen zu sein. Abbildungen zeigen ausschließlich Frauen und junge Mädchen beim Ballspiel. Die Bälle bestanden zumeist aus bis zu 12 Lederstreifen, die um einen Kern aus Stroh, Schilf, Haaren, Garn oder Spreu zusammengenäht waren.

Jonglieren

Das jmd würde man heute als Jonglieren bezeichnen. Drei Bälle hielt man gleichzeitig in Bewegung. Um das Ganze noch schwieriger zu gestalten, wurden die Bälle mit gekreuzten Armen aufgefangen. Das andere Spiel rwjt hatte durch rhythmisches Zuwerfen seinen Reiz. Je drei Spielerinnen standen sich gegenüber. Die beiden äußeren bestimmten durch ihr Klatschen die Geschwindigkeit des Ballwerfens. Erst wenn ein Mädchen in die Hände klatschte, durfte der Ball geworfen werden. Eventuell musste das Mädchen nach dem Wurf ihrer Hinterfrau Platz machen, damit sie den nächsten Ball fangen konnte.

Huckepack-Ballspiel

Eine andere Variante ist ein Huckepack-Ballspiel, bei dem jeweils ein Mädchen auf dem Rücken eines anderen saß und sich mit ihrem Gegenüber Bälle zuwarf. Wenn ein Kind den Ball fallen gelassen hatte, musste es den Platz vermutlich mit der Trägerin tauschen.

Kegelspiel

In einem Grab fand man noch eine Art Kegelspiel. Ein Satz Kegel musste mit einer Kugel getroffen werden, die durch ein aus drei Steinen gebildetes Tor gerollt werden musste.