Trinkgeld und Bakschisch

Eigentlich müsste der Titel oben Trinkgeld = Bakschisch heißen, denn von unserem Verständnis her ist Trinkgeld und Bakschisch das Gleiche. Dennoch fällt es uns sehr schwer, von einem Trinkgeld zu sprechen, wenn ein Ägypter für einen in unseren Augen völlig überflüssigen Dienst grinsend seine Hand aufhält und „Bakschisch, Bakschisch“ fordert. Doch was ist Bakschisch überhaupt und warum ist es in Ägypten so weit verbreitet?

Warum gibt es Bakschisch?

Kunstwerk aus Handtüchern
In vielen Hotels/auf vielen Nilkreuzfahrtschiffen werden die Besucher mit hübsch drapierten Kunstwerken aus Handtüchern überrascht. Manchmal auch nur, wenn entsprechendes Bakschisch auf dem Bett liegt…

Jeder von Bakschisch-Jägern dezent genervte Tourist wird sich schon einmal diese Frage gestellt haben: Warum will eigentlich jeder Bakschisch von mir?! Ganz einfach: Die muslimische Religion schreibt den Gläubigen vor, den Armen Almosen zu geben. Auch wenn die meisten Touristen wohl nicht dem Islam angehören, sind wir Europäer für die Ägypter unendlich reich. Schließlich können wir es uns leisten, in ein Flugzeug zu steigen und in ihr Land zu fliegen. Ein kleines Trinkgeld von uns zu erhalten, ist also für einen Ägypter mehr als legitim.

Dabei dürft ihr Bakschisch aber nicht mit Betteln verwechseln, das in Ägypten verboten ist. Es ist vielmehr ein kleiner Obolus für eine Gefälligkeit – egal wie überflüssig sie in unseren Augen auch sein mag. Die Ägypter sind dabei sehr erfinderisch und leider manchmal auch sehr aufdringlich, was Nerven wie Drahtseile erfordern kann. Da kommt einer angelaufen und möchte die leichte Reisetasche zwei Meter vom Gepäckwagen bis zum Auto tragen, der nächste möchte einem die Wandbilder in einem Grab/Tempel näher erklären, obwohl man eigentlich nur in Ruhe den wunderbaren Ort genießen möchte, und ein kleiner Junge möchte dir penetrant mit einem völlig verdreckten Lappen die Schuhe putzen.

Kinder und Bakschisch

Kleiner Junge
Wer in das offene und freundliche Gesicht der ägyptischen Kinder blickt, der zückt gerne mal den Geldbeutel und gibt Bakschisch. Doch die Kinder sollten lieber in die Schule gehen, als Touristen anzubetteln.

Überhaupt sind Kinder besonders kreative Bereiche in Sachen Bakschisch. Kinder werden gern vorgeschickt, meist kleine, ganz niedliche Kinder, die dann gern auch schon mal schniefend vor einem stehen und weinerlich etwas vor sich hin brabbeln. Wenn sie dann die Hand aufhalten, ist man schon froh, wenn sie nicht dennoch losweinen. Und oft kommt dann auch noch ein Onkel oder Cousin vorbei, der verspricht, den Dreikäsehoch heil und sicher nach Hause zu bringen – gegen ein bisschen Bakschisch versteht sich.

Vor allem vor dem Kindertrick sei aber gewarnt: Auch wenn das Mitleid groß ist, diese Kinder gehören in die Schule und nicht auf die Straße! Wenn deren Eltern, Familien oder sonstige Erwachsene erst einmal feststellen, dass es viel einträglicher ist, die Kinder auf die Touristen zu hetzen, haben am Ende alle verloren – die Kinder, die ohne Bildung aufwachsen, und die nächsten Touristen, die den bettelnden Kindern mit den großen Augen widerstehen müssen.

„Pssst. Top Secret…“

Bakschisch-Jäger in Medinet Habu
Der hintere Bereich des Medinet Habu Tempels ist menschenleer. Vor uns lauern schon zwei Bakschisch-Jäger, für die wir ein gefundenes Fressen sind.

Und auch in den historischen Stätten reißt der Einfallsreichtum nicht ab: Da wird geredet, gestikuliert und notfalls auch schon mal am Arm festgehalten, sobald man sich auch nur drei Meter abseits der Reisegruppe zeigt. Für Individualtouristen eine Zerreißprobe. Mit ein wenig Glück, kommt man tatsächlich an Orten, wo sonst ein Tourist noch nicht einmal reinblinzeln darf (ok, manchmal haben wir auch das Gefühl, die Absperrungen sind nur dafür da, um sie mit großen Gesten zu öffnen und dafür Bakschisch einzuheimsen 😉 ) Wir konnten aber schon staunend nicht öffentlich zugängliche Bereiche entdecken – und haben dies auch mit entsprechendem Bakschisch entlohnt.

An manchen Orten ist aber Vorsicht geboten. Denn egal was sie versprechen, sie werden es nicht halten. Nicht, weil sie nicht wollten, nein sie können schlichtweg nicht, weil sie eben nicht die versprochenen Schlüssel vom geheimen, noch nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Grab haben, die sie einem gegen Bakschisch in Aussicht gestellt haben. Aber wenn man dann schon mal ein paar Meter zusammen gelaufen ist, dann kann der Tourist gerne ein bisschen Trinkgeld locker machen – wie gesagt, jeder Tourist ist in den Augen der armen Bevölkerung Ägyptens reich.

Bakschisch-Stress vermeiden

Zugegeben: Wir waren bei unserer ersten Reise nach Ägypten sehr unentspannt, wenn uns der (gefühlte) 10. Ägypter an einem Tag für eine kleine Gefälligkeit auf die Pelle rückte und uns um Bakschisch anbettelte. Nicht nur die ständige Fragerei nach Bakschisch sorgte bei uns für einen Überschuss an Stresshormonen, sondern auch der ständige Kleingeldmangel in unserer Geldbörse und die Frage: ‚Wieviel geben wir denn jetzt? Was ist gerecht?‘

Bei unserer zweiten Reise nach Kairo waren wir da schon entspannter. Hier haben wir das Geld am Flughafen und in den Wechselstuben noch „smaller“ getauscht und Tickets gnadenlos mit großen Scheinen gekauft. Auch die Frage ‚Wieviel geben wir?‘ haben wir nun lockerer genommen und haben in unserem Enthusiasmus das ein oder andere Mal anscheinend viel zu viel gegeben, was wir leicht an den aufgerissenen Augen des „Beschenkten“ erkennen konnten. ‚Naja, ok, beim nächsten Mal geben wir dann halt weniger‘, dachten wir dann achselzuckend. Stress macht man sich oft nur selbst.

„La, Shukran“

Natürlich waren wir auch in Kairo nicht gefeit vor stressbedingten Schweißausbrüchen. Vor allem an den Pyramiden musste ich mich oft zusammenreißen, die aufdringlichen Händler und Bakschisch-Jäger nicht laut anzuschreien, und mit undamenhaften Ausdrücken zum Teufel zu jagen (mag man dem Antiken- und Tourismusministerium glauben, sollen die fliegenden Händler aber in naher Zukunft vom Pyramiden-Plateau verschwinden). Dort half auch manchmal unser lautes und bestimmtes „la, shukran“ (nein, danke) nicht, das wir in Luxor zusammen mit einer abwehrenden Handhaltung erfolgreich gegen zu aufdringliche Ägypter angewandt haben (auch wenn wir das „la“ mehrmals wiederholen mussten). An den Pyramiden hilft oft nur eins: Ignorieren. Und wenn das nicht hilft: Wegrennen.

Kamel
Manch einer mag ein Bild mit sich auf einem Kamel als wertvolle Reiseerinnerung mit nach Hause nehmen wollen. Aber Vorsicht! Besonders bei den Pyramiden (hier ein Kamel in einem nubischen Dorf bei Assuan) ist folgende Masche sehr beliebt: der Tourist wird eingeladen auf einem Kamel aufzusitzen. Das Kamel geht nach oben, ein Foto des stolzen Reiters wird gemacht und nun will man wieder runter. Aber erst nach einem entsprechenden Bakschisch gibt der Kamelführer seinem Tier den Befehl wieder nach unten zu gehen. Da hilft auch alles Meckern und Zetern nicht.

Bakschisch in Euro oder in Ägyptisches Pfund?

Es hat sich bei einigen Touristen die – man kann schon fast sagen – Unsitte eingebürgert, das Bakschisch in Euromünzen zu geben (ob diejenigen ihre Pizza im Italien-Urlaub wohl in Dollar bezahlen?). Problem hierbei:

Als Ägypter*in kann man damit nirgendwo bezahlen – und keine Bank tauscht Münzen! Was also sollen die mit Euro-Bakschisch „ausgezeichneten“ Ägypter nun damit machen? Also wird dann gleich der nächste europäische Tourist gefragt, ob er die Euromünzen nicht gegen Ägyptische Pfund tauschen könnte. Und es ist oft nicht nur ein einziger Ägypter, der euch fragt…

Seid ihr dann bereit zu tauschen (bitte darauf achten: die 1 LE Münze mit Tutanchamuns Totenmaske sieht einer 2€ Münze übrigens zum Verwechseln ähnlich), schleppt ihr dann erst mal kiloweise 1 und 2 Euro Münzen mit euch herum – und habt eure am Flughafen gerade frisch besorgte Landeswährung gleich wieder „zurück“ getauscht! Einige fassen sich ein Herz, nehmen die Münzen dann in ihrem Koffer mit nach Hause und haben dann erst einmal genug Parkautomaten-Futter für ein Jahr, andere geben sie dem nächsten Ägypter wieder als Bakschisch und so wird dann der nächste Tourist wieder gefragt, ob er denn nicht wechseln kann und der Kreislauf nimmt eine neue Runde.

Das ständige und teilweise auch penetrante Bitten der Ägypter um Wechselgeld ist weder für die Touristen angenehm, noch für die Ägypter selbst, die aus Verzweiflung jeden Touristen anbetteln müssen, um ihre Euromünzen loszuwerden. Zu allem Unglück empfehlen sogar einige ägyptische Reiseleiter, das Bakschisch in Euro zu geben. In einer Facebook-Gruppe erzählte daraufhin eine Dame, dass sie am Ende ihrer Nilkreuzfahrt ihre gesammelten Euro-Münzen dem Reiseleiter als Bakschisch hingeknallt hatte, der davon natürlich wenig begeistert war weil er jetzt selbst vor dem Problem stand, wo er sein europäisches Klimpergeld wechseln kann.

Also BITTE keine Euromünzen geben!

Dollarscheine?
Früher haben einige (ich eingeschlossen) 1-Dollarscheine als „Notfall“-Bakschisch mitgenommen, die man gerne einsetzte, wenn man mal wieder kein Kleingeld für Bakschisch hatte. Leider nehmen die Banken in Ägypten keine kleinen Dollarscheine mehr, also die US-Währung sollte man am besten gleich zu Hause lassen.

Wie komme ich an Kleingeld?

Mittlerweile hat sich die Kleingeld-Lage in Ägypten aber entspannt und wenn man möglichst „small“ wechselt, hat man eigentlich immer etwas in der Tasche. Wenn man doch mal etwas braucht, kann man an Tankstellen nett fragen, ob man einen großen Schein etwas kleiner gewechselt bekommt oder natürlich auch in einer Bank.
Ein anderer Trick ist der, grundsätzlich immer alles mit großen Scheinen zu bezahlen. Auch wenn z.B. erst einmal ein Kellner sagt, dass er kein Wechselgeld hat, bringt in der Regel eine gewisse Hartnäckigkeit ihn letztendlich doch dazu, klein herauszugeben. Über ein wenig Bakschisch freut er sich dann natürlich auch.

Kein Bakschisch ohne Gegenleistung

Wenn wir einen Bakschisch-Jäger wieder einmal mit „la, shukran“ in die Schranken gewiesen haben, plagte uns im Nachhinein doch manchmal das schlechte Gewissen, denn wir wussten, wie wichtig dieses kleine Trinkgeld für viele Ägypter ist, die in den ärmsten Verhältnissen leben und auf Bakschisch angewiesen sind.

Dennoch solltet ihr einem Ägypter, der einfach nur ohne Gegenleistung Geld verlangt, nichts geben. Es sei denn natürlich, er ist behindert oder sehr alt – dann hat das Bakschisch ungefähr die Bedeutung einer Spende wie wir sie aus dem christlichen Glauben heraus auch kennen.

Bakschisch im Hotel/auf Nilkreuzfahrtschiffen und Richtwerte

Wohl dem, dessen Reiseveranstalter feste Richtlinien für Bakschisch hat. Bei allen anderen fängt spätestens am Ende der Reise die Diskussion an, wieviel Bakschisch denn man für all die fleißigen Bienen geben soll, die einem eine angenehme Reise beschert haben.

In kleineren Hotels könnt ihr nach Absprache am Ende eures Aufenthalts einen Umschlag mit Bakschisch für alle Angestellten an der Rezeption abgeben. In den großen Hotels/auf den Nilkreuzfahrtschiffen könnt ihr am Ende euer Reise einen Umschlag mit Bakschisch für den Roomservice auf eurem Bett hinterlassen und einen im Restaurant für die Kellner abgeben.

Wenn ihr den Angestellten eine Freude machen wollt, könnt ihr neben dem Bakschisch noch jeden Tag eine kleine Leckerei auf eurem Bett hinterlassen. Besonders deutsche Schokolade, die in Ägypten sehr teuer ist, ist sehr beliebt.

Richtwerte für Trinkgelder / Bakschisch

In einer Gruppe auf facebook las ich letztens wieder die Frage aller Fragen: Wieviel Bakschisch gibt man einem Reiseleiter, der zwei Personen auf einer einwöchigen Tour begleitet hat? Es herrschte wenig Einigkeit und die Vorschläge reichten gar bis 150€. Auch wenn der Gedanke dahinter sicher edel ist: solch hohe Summen sollte man auf gar keinen Fall als Bakschisch geben! Vor dem Hintergrund, dass ein Kellner gerade einmal 70€ im Monat verdient, steht so viel Bakschisch in keiner Relation mehr. Zu hohe Summen machen die Preise kaputt und steigert die Erwartungen des Bakschisch-Beschenkten beim nächsten Tourist, der dann vielleicht nicht mehr so viel geben kann oder möchte.

Feste Richtwerte für Trinkgelder / Bakschisch gibt es nicht, bestenfalls so etwas wie Empfehlungen oder gelebte Praxis. Letztendlich liegt es im eigenen Ermessen, was ihr gebt (auch wenn ihr immer das Verhältnis im Auge behalten solltet, siehe oben). Es ist eigentlich so wie bei uns: Einer freundlichen und aufmerksamen Kellnerin geben wir mehr als einer brummigen und genervten Servicekraft.

  • Kofferträger: 5 LE pro Koffer
  • Servicekräfte im Restaurant (im Hotel/auf dem Schiff): 10 – 20 LE pro Tag
  • Zimmerservice: 10-20 LE die Nacht
  • Busfahrer/Taxifahrer: 50-100 LE pro Tag
  • Reiseleiter: 50-100 LE pro Tag
  • Grabwächter/Tempelwächter: 20 LE, mit Fotos 50-100 LE
  • Toilettenbenutzung: 2-5 LE