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Buchcover "Die Toten von Theben" von Christian Huyeng

Die Toten von Theben

Autor: Christian Huyeng


Seiten: 207 | Verlag: Erscheinungsjahr: 2022 | ISBN: 8832903651 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Huya ist Hauptmann der Medjai in Waset. Als eine junge Frau tot im Nil gefunden wird, beginnen sein Kollege Ra-Wer und er zu ermitteln, werden aber von der Tempelwache ausgebremst, die sich selbst für zuständig erklärt, da die Tote dem Arbeitshaus des Tempels angehörte. Als dann aber ein weiterer Leichnam im Nil schwimmt, der mit dem Tempel nichts zu tun hatte, aber anscheinend das erste Opfer kannte, nimmt Huya die Ermittlungen wieder auf – gegen den Willen der Tempelwache und seiner Vorgesetzten. Seine Ermittlungen führen in höchste Kreise und langsam wird ihm klar, warum wirklich keiner will, dass er in diesem Wespennest herumstochert. Aber er fühlt sich der Ma’at verpflichtet und setzt alles daran, die Wahrheit aufzudecken, auch wenn es ihn seinen Job kosten kann – oder Schlimmeres…

Was mir beim Lesen als erstes auffiel ist, dass über jeder Seite ein Titel in Großbuchstaben steht. Es sieht so aus, als würde auf jeder Seite ein neues Kapitel beginnen, aber es ist immer der Romantitel. Warum man jede Seite mit dem Buchtitel überschreibt, und das in einer Schriftgröße, die doppelt so groß wie der eigentliche Text ist, bleibt ein Geheimnis des Autors. Bei selbstverlegten Büchern ist man rein formal inzwischen ja Einiges gewohnt, da ja kein klassischer Verlag noch einmal „drüberguckt“. Immerhin ist es hier dem Autor Christian Huyeng erfreulicherweise gelungen, seinen Romantext fast fehlerfrei abzudrucken.

Da sich Huyeng bemüht, für Bauwerke und Ortsbezeichnungen stets die Originalnamen zu verwenden, z.B. Ipet-Resit für den Luxortempel, ist sein Glossar am Ende des Buches wirklich gut, auch wenn hier ein paar gesuchte Ausdrücke fehlten. Aber zusammen mit dem Personenregister, den Königsnamen und der Erklärung über die altägyptische Zeitrechnung gibt Huyeng seinen Leser:innen durchaus hilfreiche Zusatzinformationen, die man in manch anderem historischen Roman schmerzlich vermisst. Dass der Autor „vom Fach“ ist (er hat Ägyptologie und Archäologie studiert), ist für den ägyptophilen Leser hier wirklich ein Bonus.

Inhaltlich ist die Geschichte über weite Strecken lediglich ein Bericht über die Ermittlungen in den beiden Mordfällen. Hauptmann Huya geht hierhin und dorthin – zu den Fundstellen der Leichen, zur Familie der Toten, zu den Einbalsamierern – und stellt Fragen und trägt Informationen zusammen. Dabei gelingt es dem Autor allerdings gut, die weiteren Personen und deren Charaktere sehr lebendig zu beschreiben; die Hauptfiguren werden also sehr schön herausgearbeitet. Aber bis weit über die Hälfte des Buches hinaus wunderte ich mich, dass Huyeng keine weiteren Erzählstränge oder Emotionen ins Spiel brachte. Es wurde nie wirklich spannend, es gab keine Liebesgeschichte und außer der Tatsache, dass Huya sich mit dem Hauptmann der Tempelwache, Kamose, bzgl. der Zuständigkeit in diesem Fall anlegt, gab es auch keine Dramatik.

Zum Ende des Buches kriegt Huyeng dann aber noch den Dreh: Eine hübsche Tempelsängerin hilft Huya bei seinen Ermittlungen und als er dann noch vor den Pharao zitiert wird, wird die Geschichte kurzzeitig auch richtig dramatisch. Sogar einige humorvolle Szenen finden sich gegen Ende des Romans, wenn der alte Schreiber Teti beim Essen mit seinem Holzlöffel ein paar gezielte Hiebe austeilt. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass der Autor es auch in der ersten Romanhälfte geschafft hätte, gefährliche Situationen, eine Romanze oder einen zweiten Handlungsstrang einzubauen, was das Lesen der reinen Ermittlungsarbeit abwechslungsreicher gemacht und den Leser mehr an die Geschichte gefesselt hätte.

Auch wenn dieses Buch in der Fülle der Ägyptenromane nicht oben mitspielt, so liest es sich, auch aufgrund der modernen Sprache, doch leicht und macht keine Fehler in den altägyptischen Rahmenbedingungen. Teil 2 der Reihe um Hauptmann Huya werde ich mir daher auch noch besorgen.