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Buchcover Spielvogel/Rohrmüller: Das Siegel des Sahure

Das Siegel des Sahure

Autor: Gernot Spielvogel, Regina Rohrmüller


Seiten: 456 | Verlag: Hesper Verlag Erscheinungsjahr: 2015 | ISBN: 9783943413151 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Pharao Sahure wird alt; mit seiner Gesundheit steht es nicht mehr zum Besten. Ha-San-Bi, der Arzt des Pharaos und Vorsteher des Heiltempels, kennt einen Stein, der, an einer Kette um den Hals getragen, eine positive Wirkung auf die Gesundheit des Pharaos haben müsste. Aber diesen wohl wertvollsten Stein der Welt gibt es in ganz Ägypten nicht und auch nicht in den Nachbarländern, mit denen Ägypten in der Zeit des Alten Reiches Handel treibt. So wird eine Karawane zusammengestellt, die weit in den Osten reisen und im Land der Maharadjas einen geeigneten Stein finden soll. Mit der Führung dieser Fernkarawane wird Rakenefer beauftragt, der gerade erst in den Dienst des Königs getreten ist und eigentlich gar keine Erfahrung mit großen Karawanen hat. Aber König Sahure und Ha-San-Bi haben das Gefühl, dass er genau der richtige Mann für diese Aufgabe ist. So reist Rakenefers Karawane ab gen Osten, um dieses unbekannte Land und den großen Heilstein zu finden.

Auf den ersten Seiten des Buchs schildert Regina Rohrmüller, wie ihr vor vielen Jahren die Übersetzung eines verschollenen altägyptischen Papyrus zugespielt wurde. In diesem Schriftstück aus dem Grab eines Priesters des Alten Reiches war vom ältesten Heiltempel Ägyptens die Rede, in dem mit Edelsteinen geheilt wurde. Rohrmüller, ausgebildete Goldschmiedin und schon immer am alten Ägypten interessiert, befasste sich von da an weiter mit dem Thema und schrieb dann mit ihrem Mann und Geologen Gernot Spielvogel diesen Roman über den alten Tempel Ha-abeti und das Heilen mit Edelsteinen.

Dass sich die Autoren mit den beiden Themenbereichen wirklich auskennen, merkt man dem Buch deutlich an. Es werden unglaublich viele altägyptische Begriffe verwendet, die Rohrmüller auch immer gleich im Kontext erklärt, so dass sie auf ein Glossar, das ansonsten wirklich umfangreich hätte ausfallen müssen, verzichtet. Für den Leser ist es allerdings eine Herausforderung, sich die Bedeutung all der altägyptischen Namen und Titel zu merken, die immer wieder vorkommen, aber ja nur beim ersten Mal erklärt worden sind.

Ebenfalls merkt man den Autoren ihr Fachwissen an, wenn sie über Edelsteine, deren Herkunft, Wirkung und Verwendung berichten. Auch über die Gewinnung der Steine in den Minen und die nötigen Verarbeitungsprozesse erfährt der Leser Einiges. Dass einige Steinarten nicht nur durch Auflegen wirken sondern auch zu Pulver zermahlen eingenommen werden können, ist sicher vielen Lesern neu. Die durch Steine erzielten Heilerfolge scheinen einem skeptischen Leser wie mir allerdings allzu glorios dargestellt. Sie können nicht nur einen verjüngenden Effekt haben, wie sich der Heilpriester dies für seinen Pharao ja von einem großen Diamanten erhofft, auf der Reise der Karawane werden durch Steinwirkung auch Epilepsie geheilt, eine Lähmung beseitigt und sogar ein schielendes Auge wieder begradigt.

Die Geschichte selbst verspricht Spannung: Eine Karawane reist ins Unbekannte – durch Länder, die mit Ägypten befreundet sind und durch andere, die es nicht sind. Und wenn alles gut geht, haben sie auf dem Rückweg eine so wertvolle Fracht dabei, dass sie für Räuber ein lohnendes Ziel sind. Gefährliche Situationen, Kämpfe und Verluste werden nicht zu vermeiden sein.

Leider entwickeln die Autoren diese Geschichte dann aber fast gänzlich ohne Spannung. Die Karawanenführer sind gute Menschen, die überall, wo sie auftauchen, schnell den Reskpekt der heimischen Bevölkerung erfahren. Manche der Fremden sind sogar so angetan von der ägyptischen Karawane, dass sich Kämpfer, Prinzessinnen und Elefanten dem Zug anschließen, der dadurch immer größer und mächtiger wird. Und so kehrt die Karawane nach mehr als zwei Jahren deutlich größer zurück von ihrer gefährlichen Reise und hat nicht einen Mann und nicht ein Tier verloren! Das ist nicht nur unglaubwürdig sondern leider auch gar nicht spannend.

Auch die Beziehungen der Hauptpersonen untereinander werden nicht speziell herausgearbeitet. Zwar mögen und respektieren sich alle, denn sie sind ja alle Gutmenschen, aber es gibt weder eine starke Frauen- oder Männerfreundschaft, die über dieses Mögen hinausgeht, noch eine Liebesbeziehung. Aufkeimende Gefühle zwischen Mann und Frau bleiben stets im Stadium „Sie sah ihn an und errötete“ stecken. 450 Seiten und ein Zeitraum von fast drei Jahren hätten doch nun wirklich Platz genug für eine gefährliche Intrige oder eine schöne Liebesgeschichte geboten! So aber ist dieser Roman weder spannend noch berührend. Allerdings ist er interessant, was die Informationen über Edelsteine und den alten Heiltempel Ha-abeti angeht (den die Autoren übrigens geortet haben wollen und den sie gerne wieder aufbauen würden). Und einen Sonderpunkt bekommen die Autoren für das Bemühen um historische Genauigkeit und die vielen altägyptischen Ausdrücke, die auch meist erklärt werden. Trotzdem war ich froh, als ich endlich das Ende des Buches erreicht hatte.