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Buchcover "Der Fischer und die Königin"

Der Fischer und die Königin

Autor: Andreas Otter


Seiten: 656 | Verlag: Books on Demand Erscheinungsjahr: 2016 | ISBN: 3743154070 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Der 15-jährige Fischerjunge Hori rettet in Theben ein junges Mädchen aus den Fluten des Nils. Hori und die gerettete Inet-Amun, eine Tänzerin im Tempel des Amun, verlieben sich ineinander und verleben einige glückliche Tage, bevor Hori zurück muss in seine Heimatstadt Swenue. Sie versprechen sich ewige Liebe und planen ein gemeinsames Leben. Aber dann kommt der junge Pharao Ramses nach Theben, sieht die Tempeltänzerinnen bei einem Auftritt und beschließt, Inet-Amun zu seiner Frau zu machen. Und sich dem Wunsch des Pharaos zu widersetzen, ist undenkbar.

Als Hori davon erfährt, ist er am Boden zerstört. Es kümmert ihn nicht, dass er wegen einer Prügelei ins Gefängnis geworfen und von dort ins Heer rekrutiert wird. Soll er doch auf dem Schlachtfeld sein Leben lassen – ohne seine geliebte Inet ist sein Leben sowieso wertlos. Aber es kommt anders. Als stünde er unter dem Schutz des Gottes Horus, überlebt Hori nicht nur den grausamen Ausbilder sondern wird zu einem von seinen Kollegen angesehenen Soldaten. Und als auf einer Strafexpedition gegen aufständische Nubier sein Trupp in einen Hinterhalt gerät und die Heerführer tot sind, übernimmt Hori die Verantwortung und führt die wenigen überlebenden Soldaten doch noch zu einem Sieg.

Aufgrund dieser Heldentat soll er am Hofe in Memphis erscheinen. Hori hat eigentlich gar keine Lust, sich von dem verhassten Pharao ehren zu lassen, der ihm die Geliebte wegnahm. Aber wer weiß, vielleicht könnte es ihm gelingen, Ramses zu töten und mit Inet, die als Königin jetzt Nefertari heißt, zu fliehen? Hori weiß sofort, welchen Unsinn er da denkt, aber der Gedanke daran, dass es auch nur die winzigste Chance gibt, seine Inet irgendwann wieder die Arme schließen zu können, lässt Hoffnung in ihm keimen – und so wird er nach Memphis reisen und vor Ramses und Nefertari treten. Und danach können ihm wohl nur die Götter helfen…

Ein Buch, das es schon auf den ersten 30 Seiten schafft, mich zu begeistern und auf den weiteren Verlauf der Geschichte neugierig zu machen, ist auf jeden Fall ein gutes Buch! Man spürt sofort, dass hier ein Autor am Werke ist, der sich nicht nur gut mit der entsprechenden Epoche vertraut gemacht hat, sondern der auch ein guter Erzähler ist. Die eigentlich völlig unmögliche Story, gegen die auch alle bekannten archäologischen Fakten sprechen, ist so gekonnt und atmosphärisch dicht erzählt, dass man sie als Leser eigentlich nie in Zweifel zieht.
Die Charaktere werden zwar recht einfach, aber dafür liebevoll beschrieben. Moralische Werte, wie Treue und Loyalität, stehen im Vordergrund und man kann sich die Figuren und ihre Gefühlswelt sehr gut vorstellen. Nur die Figur des großen Widersachers, ein finsterer Bösewicht, der ein kriminelles Netzwerk aufgebaut hat, bleibt merkwürdig blass. Hier hätten ein bisschen mehr Spannung und dunkle Abgründe der Geschichte gut getan.

Die schöne Überraschung, dass der Autor den originalen, aus Hieroglypheninschriften bekannten Namen Swenue für Assuan benutzt, wird leider dadurch getrübt, dass er für die anderen großen Städte dann die griechischen Bezeichnungen Memphis und Theben verwendet, anstatt auch hier die altägyptischen Namen Men-nefer und Waset zu nehmen. Dabei kennt er diese Namen natürlich aus seiner Recherche und verwendet Waset sogar als Namen für eine Nebenfigur. Ein Autor, der sich erkennbar Mühe gibt, die altägyptische Lebensweise möglichst authentisch auferstehen zu lassen, hätte für mich gerne durchgehend die altägyptischen Bezeichnungen verwenden sollen.

Trotzdem schafft es die Geschichte, dass sich der Leser unwillkürlich fragt, wie das alles denn wohl enden soll, denn Ramses II. lebte bekanntlich ein sehr langes Leben und überlebte seine Lieblingsfrau Nefertari um mehrere Jahrzehnte. Und solange Ramses lebt, kann es Hori doch gar nicht gelingen, ein Leben an der Seite seiner Inet zu führen. Ein Happyend ist also mal von vorherein ausgeschlossen. Oder doch nicht?

Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie der Autor diese unmögliche Liebe wohl enden lassen wird. Aber auch deshalb, weil sich immer mindestens drei parallel erzählte Handlungsstränge so gekonnt abwechseln, dass der Leser immer fest an den Fortgang der Story gebunden wird. Selbst die Tatsache, dass die Beschreibung der unzerstörbaren, reinen und geradezu in den Himmel gehobenen Liebe zwischen den Hauptfiguren sich ab der Mitte des Buches etwas abnutzt und die immer neuen Superlative mir fast ein wenig auf die Nerven gingen, konnte nichts daran ändern, dass ich unbedingt dranbleiben musste.

Wir haben hier eine leicht zu lesende, romantische Geschichte mit einfach, aber sehr gefühlvoll gezeichneten Charakteren. Wegen der vielen Hindernisse, einigen unerwarteten Wendungen und gut recherchierter historischer Details wird sie dennoch nie langweilig, bis hin zum irgendwie unvermeidlichen, wenn auch frei erfundenen, mittelschönen Ende.