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Cover des Buchs Der Pharao

Der Pharao

Autor: Boleslaw Prus


Seiten: 736 | Verlag: Area Verlag Erscheinungsjahr: 1958, Neuauflage 2004 | ISBN: 3899960580 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Mit 22 Jahren wird Prinz Ramses von seinem Vater, Ramses XII., zum Thronfolger ernannt. Er erweist sich als geschickter Heerführer und träumt davon, mit erfolgreichen Feldzügen einmal wie sein Vorbild Ramses der Große die Feinde Ägyptens zu unterwerfen und den Ruhm des Landes zu vergrößern.
Doch leider steht es mit den Staatsfinanzen nicht zum Besten und sein Vater verringert auf Druck der Priester sogar die Stärke des Heeres. Angeblich, um Kosten zu sparen. Als Prinz Ramses jedoch herausfindet, dass die Priester insgeheim mit Ägyptens Feinden, den Assyrern einen Nichtangriffspakt ausgehandelt haben, begreift er, dass deren Vorschläge einen ganz anderen Hintergrund haben. Und er weiß, dass er etwas unternehmen muss, damit bei seiner Thronbesteigung das Heer nicht so schwach ist, dass er den Priestern gar nichts mehr entgegensetzen kann.

Nach dem Tode des Vaters beginnt ein gnadenloser Kampf um die Macht zwischen dem neuen Pharao und den Priestern, in dessen Verlauf vor Lügen, Intrigen und Mord nicht zurückgeschreckt wird. Alle Pläne und Reformen, die Ramses der XIII. durchführen will, stoßen auf den erbitterten Widerstand seiner Gegner. Kein Wunder, schließlich will er den Einfluss und den Reichtum der Pristerkaste schmälern und die Lebensbedingungen des einfachen Volkes verbessern. Am Ende kommt es zur äußersten Konfrontation: Ramses lässt das Heer vor den Tempeln aufmarschieren.

Mit diesem Roman habe ich mich richtig schwer getan und am Ende war ich froh, dass ich das Buch endlich durch hatte. Zum einen störte ich mich an einigen historischen Ungereimtheiten, zum anderen finde ich die Geschichte einfach handwerklich schwach erzählt. Zu krass sind bspw. die Sprünge im Denken und Fühlen des Helden. Für die große Liebe seines jungen Lebens hat er auf einmal nur noch Verachtung übrig. Warum? Zuerst empfindet er Mitleid für die Soldaten einer eingekesselten feindlichen Armee, um sie wenige Zeilen später als wilde Tiere, die man ausrotten muss, zu bezeichnen. Woher kommen diese Sinneswandel? Warum gibt es so viele davon? Ist das die Jugend und Unreife des Helden oder das Unvermögen des Autors?
Ebenso ist mir völlig unverständlich, wie man behaupten kann, dass für die Ägypter der 20. Dynastie das Leben nach dem Tode ein Geheimnis war, von dem nur „Eingeweihte“ wussten. Da muss dem erwachsenen Thronfolger doch tatsächlich ein befreundeter Priester den Unterschied zwischen dem Verbrennen und dem Mumifizieren eines Toten erklären!

Gut an dem Buch finde ich, dass der Glaube an die Götter und die Wunder, welche sie angeblich vollbringen, hinterfragt wird. Es wird gezeigt, wie wissenschaftliche Erkenntnisse langsam Einzug in das Leben der Ägypter halten. Man erlebt, wie Mathematik, Physik, Psychologie und Astronomie nicht nur manches Problem des alltäglichen Lebens lösen sondern auch den Zauber von so manchem „Taschenspielertrick“ der Priester nehmen. Leider schießt der Autor in diesem Punkt aber etwas über das Ziel hinaus: hier erfindet ein Weiser nicht nur ein Wasserrad sondern den Vorläufer der Dampfmaschine gleich mit!

Richtig enttäuscht war ich dann über den Schluss: Dass Ramses den Kampf gegen die intriganten Priester am Ende verliert, konnte man ja noch erahnen (schließlich wird das Ende ja in der Einleitung des Buches bereits vorweggenommen). Aber welchen Sinn hatte die ganze Geschichte, in der uns Ramses als ein verhinderter Wohltäter des Volkes und Reformator der Lebensbedingungen der Bauern vorgestellt wurde, wenn nach der Machtübernahme durch den obersten Priester dann dieser die Reformen durchführt und Ägypten dadurch, wie von Ramses geplant, wieder aufblüht? War dann nicht alles überflüssig, was vorher geschah? Was soll uns dieses Ende sagen? War es egal, wer gewinnt? Welchen Sinn hatte dann der Kampf (und damit das ganze Buch)? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht!

Peinlich berührt hat mich übrigens die Verachtung, mit welcher der Autor den Helden über die Juden (immerhin das Volk, zu dem Ramses‘ Frau gehört) sprechen lässt. Gut, dass der Autor kein Deutscher war…

Mein Fazit: Ein gutes Thema und mit dem Niedergang der 20. Dynastie auch eine interessante Epoche, aber leider keine gute Geschichte!

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