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Cover des Buchs Osiris - Der Baum des Lebens

Osiris – Der Baum des Lebens

Autor: Christian Jacq


Seiten: 448 | Verlag: Blanvalet Erscheinungsjahr: 2007 | ISBN: 3442368332 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Der junge Schreiberlehrling Iker erwacht gefesselt auf einem Schiff. Er wurde von skupellosen Seeleuten entführt, um im Falle eines schweren Sturms dem Meeresgott geopfert werden zu können. Nur so glaubt der abergläubische Kapitän des Schiffs „Gefährte des Windes“, die gefährliche Reise in das sagenhafte Land Punt überstehen zu können. Tatsächlich geht das Schiff in einem schweren Sturm unter – Iker ist jedoch der einzige Überlebende! Als er nach Monaten der Reise endlich wieder zurück in seiner Heimatstadt ist, erfährt er, dass der Schreiber, bei dem er in der Lehre war, inzwischen gestorben ist und ihn der Stadtverwalter um sein Erbe gebracht hat. Wütend und entmutigt verlässt er seine Heimat und versucht von nun an herauszufinden, wer für die Zerstörung seines bisherigen Lebens verantwortlich ist. Doch von der „Gefährte des Windes“ und den Seeleuten, deren Namen er sich gemerkt hat, findet sich nirgends eine Spur. Es ist, als habe es dieses Schiff nie gegeben.

Zur gleichen Zeit muss Pharao Sesostris in Abydos feststellen, dass die heilige Akazie – der Baum des Lebens – abstirbt. Dies würde für Ägypten eine Zeit der Finsternis und Gewalt bedeuten. Schon jetzt deutet sich das Ausbleiben der Nilschwelle an und es gibt einige Provinzfürsten, die sich dem Pharao nicht unterordnen sondern lieber unabhängig bleiben wollen. Zusätzlich schart ein Magier in der Wüste Leute um sich, um eine Rebellion anzuzetteln, den Pharao zu töten und Ägypten zu unterdrücken.
Um die heilige Ordnung, die Maat, wiederherzustellen, muss Pharao Sesostris daher herausfinden, wer mit dem zerstörerischen Gott Seth im Bunde steht und für das Sterben der heiligen Akazie verantwortlich ist. Zunächst will er alle Fürsten der sechs ägyptischen Provinzen, die sich seiner Macht bisher nicht beugen wollen, unterwerfen und dabei klären, ob einer von ihnen der Verräter ist. Mit einer nur kleinen Schar von Vertrauten macht sich Sesostris auf in den Kampf. Neben den sechs Provinzfürsten und dem Magier hat er auch noch den Schreiberlehrling Iker gegen sich. Dieser hat nämlich inzwischen herausgefunden, dass die Schiffsbesatzung, die ihn töten wollte, nur im Auftrag des Pharaos nach Punt unterwegs gewesen sein kann. So fasst Iker den Plan, sich in die Nähe von Sesostris zu begeben und auf eine Gelegenheit zu warten, den Pharao töten zu können.

Wer schon mal ein Buch von Christian Jacq gelesen hat, der kennt seine einfachen Charakterzeichnungen. Die Hauptperson seiner Romane ist überirdisch gut und die Bösen sind mit jeder Faser abgrundtief schlecht. Auch bekannt ist seine Vorliebe, schwierige Situationen durch ein Wunder oder das Eingreifen eines Gottes höchstpersönlich zu lösen. Mit diesen einfachen Zutaten hat er einige durchaus lesenswerte Bücher geschrieben. Dies ist leider keines davon.

Dabei schafft er eigentlich eine gute Ausgangslage, indem er drei interessante Handlungsstränge miteinander verbindet. Da ist zum einen der junge Iker, der herausfinden will, wer ihn töten wollte. Daneben versucht Pharao Sesostris, ein Heilmittel für den sterbenden Baum des Lebens zu finden, und schließlich treibt in der Wüste ein unheimlicher Prophet sein Unwesen, der magische Kräfte hat und Ägypten zerstören will. Eigentlich gute Ingredienzen für eine spannende Geschichte. Aber leider macht Jacq hieraus nicht genug. Nehmen wir als Beispiel die Unterwerfung der abtrünnigen Provinzfürsten. Zu Beginn der Geschichte wird hervorgehoben, wie feindselig diese Fürsten dem Pharao gegenüberstehen und wie sehr sie auf ihre Unabhängigkeit bedacht sind. Pharao Sesostris fährt daher mit einer kleinen Kriegsflotte den Nil hinauf und ist natürlich auf Kämpfe und Gefechte eingestellt. Aber in der ersten Provinz kommt es gar nicht dazu. Obwohl militärisch weit überlegen, lädt der Fürst den Pharao lieber zu einem Gespräch in seinen Palast ein. Und nach nur wenigen Sätzen wird aus dem feindlich gesinnten Fürsten ein Anhänger des Pharaos, der ihn fortan unterstützt. Nun gut, bei den nächsten Fürsten wird es nicht so einfach gehen, dachte ich, und der letzte Fürst wird sicher die härteste Nuss, weil er sich evtl. mit dem bösen Magier zusammentun wird. Um es kurz zu machen: Alle Begegnungen mit den Fürsten laufen nach demselben Schema ab: Der Pharao lässt Flotte und Schwert „stecken“ und tritt dem Feind allein gegenüber. Und dieser kapituliert nicht nur, sondern ist auch gleich freundschaftlich gesinnt. Das gipfelt dann in einer Szene, in der die uneinsichtigen Wachen eines Fürsten, der sich bereits „ergeben“ hat, die Bluthunde auf den Pharao hetzen. Mit einer Handbewegung befiehlt der Pharao seiner Leibwache, ihn nicht zu schützen und tritt den auf ihn zustürmenden Hunden allein gegenüber. Ahnt ihr, was passiert? Richtig! Die Hunde halten von alleine einige Meter vor dem Pharao an und legen sich winselnd auf den Boden. Mit zunehmender Verärgerung las ich mich durch die Begegnungen mit den sechs Fürsten, von denen keine einzige eine Überraschung bereithielt. Keinmal klirrten die Waffen. Keinmal brauchte es mehr, als wenige Worte.

Und dann die unzähligen wundersamen Ereignisse: Der Prophet kann seine Hände in Falkenklauen verwandeln. Es gibt Fabelwesen, z.B. einen Löwen mit Schlangenkopf. Dem in der Wüste verirrten Iker zeigen Tiere den rechten Weg. Und Ikers Esel „Nordwind“ kann ihn nicht nur verstehen, sondern auch mit „Ja“ oder „Nein“ antworten (dieser tolle Esel tauchte übrigens bereits im Ahotep-Dreiteiler auf – ging hier Jacqs Fantasie zuende oder mit ihm durch?). Das alles erinnert doch mehr an ein Märchen aus 1001 Nacht als an einen ernst zu nehmenden Roman aus dem alten Ägypten. Dabei hat Christian Jacq doch wirklich Ahnung von diesem Thema. Das merkt man an vielen Stellen, z.B. wenn er Begriffe erläutert oder Zusatzinformationen gibt. Aber selbst an diesen muss ich formale Kritik üben, denn nur selten sind die Erklärungen als Fußnoten gesetzt. Häufig werden sie leider einfach in Klammern direkt hinter dem zu erklärenden Begriff eingefügt. Und das stört den Lesefluss erheblich, und wirkt besonders innerhalb wörtlicher Rede absolut deplatziert.

Und was sollen Namen wie „Messerklinge“ oder „Nussknacker“ (um nur zwei zu nennen) in einem altägyptischen Roman? Und was suchen Ausdrücke wie „Kilometer“ oder „Metastasen“ dort? Aus der Feder eines Fachmanns wie Christian Jacq finde ich das enttäuschend. Genauso wie die Tatsache, dass Jacq auch in diesem Buch wieder kein Nachwort oder Glossar für den interessierten Leser bereithält – keine Information, welche Teile der Geschichte oder der Personen fiktiv und welche historisch belegt sind – keine Zeittafel, die helfen könnte einzuordenen, in welcher Epoche die Geschichte spielt.

Christian Jacq hat ja bereits einige Mehrteiler auf den Markt gebracht, darunter richtig gute, wie die Trilogie um den Richter Paser (1993) oder den großartigen Ramses-Zyklus (1995). Eher mittelmäßig fand ich die „Stein des Lichts“-Reihe (2000) und bereits relativ schwach den Dreiteiler um Königin Ahotep (2001). Läßt sich aus den Jahreszahlen ein Trend erkennen? Leider ja! Diesen ersten Band der vierteiligen „Osiris“-Reihe (2005) finde ich so schlecht, dass ich mir die Folgebände für später aufhebe. Für sehr viel später….

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