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Buchcover Sati. Töchter der Sonne

Sati. Töchter der Sonne

Autor: Birgit Fiolka


Seiten: 190 | Verlag: CreateSpace Erscheinungsjahr: 2014 | ISBN: 1497447011 | Rezensiert von: Jolly Thews

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Die Zwillingsschwestern Majet und Inti werden während einer Sonnenfinsternis geboren. Majet kommt genau in der Zeit der Dunkelheit zur Welt, ihre Schwester Inti kurze Zeit später. Für die Dorfbewohner ist dies ein klares Zeichen, dass von den beiden Mädchen nichts Gutes ausgehen kann, da sich der Sonnengott Re bei Ihrer Geburt abgewendet hat. Die Familie wird daraufhin von der Dorfgemeinschaft gemieden und die Mädchen verspottet. Erst als in der fernen Hauptstadt Men-nefer ein Orakel der Königin Nitokris voraussagt, dass die Dürre, die Ägypten seit Jahren heimsucht, nur durch ein Zwillingspaar beendet werden kann, das zur Zeit der Dunkelheit geboren wurde, ändert sich das Leben der beiden Schwestern. Sie werden in die Hauptstadt geholt und zu Priesterinnen ausgebildet. Was sie nicht wissen: Das Orakel prophezeite auch, dass für die Genesung Ägyptens eines der Zwillingsmädchen sterben muss.

Birgit Fiolkas Heldinnen sind stets starke Frauen, die ihren eigenen Weg gehen. Das trifft auch für ihre bisherigen fünf Ägyptenromane zu. In dieser Erzählung gibt es erstmals eine kleine Variation zu diesem Motiv, denn hier sind es ja zwei Protagonistinnen. Und wie es bei eineiigen Zwillingen häufig ist, so gleichen sie sich zwar äußerlich, unterscheiden sich aber im Charakter deutlich. Majet ist die Härtere und Stärkere, Inti die Zurückhaltende, Weichere der beiden. Und während Majet sich freut, dem ärmlichen Dorfleben und der Verachtung durch die Dorfbewohner entflohen zu sein, und das sorgenfreie Leben in der Hauptstadt in vollen Zügen genießt, hat Inti Heimweh, leidet unter der Situation und zieht sich mehr und mehr zurück. Inti entspricht damit so gar nicht den Frauenfiguren, die sonst Birgit Fiolkas Romane bestimmen. Majet fehlt dagegen die Warmherzigkeit, die eine Heldin eben auch haben muss, wenn sie die Herzen der Leser:innen gewinnen will. Die Autorin hat die üblichen Charaktereigenschaften diesmal also auf zwei Figuren aufgeteilt.

Fiolka gelingt es meisterhaft, das langsame Auseinanderdriften der beiden Schwestern, die als Kinder unzertrennlich waren, zu beschreiben. Diese langsame Entfremdung wird natürlich von der Königin Nitokris unterstützt, die ja weiß, dass sie eine der beiden Schwestern töten und die andere diese Entscheidung dann akzeptieren muss. Mit Bangen verfolgt man, wie die beiden Mädchen immer häufiger streiten und sich langsam sogar voneinander abwenden.

Die Geschichte spielt im Alten Reich, also in der Zeit der Pyramidenbauer. Wie auch in ihren früheren Büchern, so hat sich Birgit Fiolka das historische Umfeld der Geschichte genau angesehen. Die Handlung um die Königin Nitokris geht auf eine durch den griechischen Geschichtsschreiber Herodot überlieferte Sage zurück. Ob es diese Königin Nitokris wirklich gab, ist umstritten. Fakt ist aber, dass in dieser Zeit der 6. Dynastie das Alte Reich zugrunde ging und es zur sogenannten 1. Zwischenzeit kam, in der Ägypten zerfiel. Die Autorin gibt eine nachvollziehbare Erklärung dafür, wie sich Ober- und Unterägypten so voneinander entfernen konnten, dass es schließlich zum Bruch kommen musste.

Beeindruckend ist wieder einmal die Sprache, die Birgit Fiolka für ihre Geschichte gefunden hat. Nicht nur, dass sie viele altägyptische Originalbezeichnungen verwendet und wirklich schöne Eigennamen für die Figuren gefunden hat, es sind vor allem die passenden Sprachbilder, die den Leser auch formal in eine lang zurückliegenden Zeit entführen. Eine Zeit, in der man sein Alter an der Anzahl der Nilüberschwemmungen, die man erlebt hatte, ablas, und in der es abends nicht einfach dunkel wurde, sondern die Göttin Nut ihren Leib wie einen schwarzen Mantel über das Land ausbreitete. Mit Bedacht vermeidet sie auch das Wort Zwillinge, das ja germanischen Ursprungs ist, und verwendet dafür, wie schon im im Roman über Hatschepsut, die Umschreibung „Schwestern der Geburtsstunde“.

Obwohl der Roman nicht besonders lang ist — das Buch hat incl. Nachwort und Glossar gerade einmal 190 Seiten – hat man nicht das Gefühl, dass etwas fehlt. Ich habe das Buch sogar mit einem guten Gefühl zugeklappt, denn am leise befürchteten, aber dennoch wohlgewählten, Ende schließt sich ein Kreis, und die Geschichte war für mich wahrhaftig zuende erzählt.

Wie schon mit ihrem Hatschepsut-Zweiteiler beweist Birgit Fiolka auch mit diesem Buch, dass sie zu den besten zeitgenössischen Autorinnen von Ägyptenromanen gehört, die eine gute Erzählung mit vielen Informationen über die gewählte Epoche und einem passenden historischen Ambiente verbinden können. Für mich ist dies trotz seiner Kürze sogar ihr bester Roman, denn hier kommt zu allem, was sie auch schon in ihren letzten Ägyptenromanen richtig gemacht hatte, hinzu, dass sie eine wirklich zu Herzen gehende Geschichte gefunden hat, die den Leser nicht unberührt lassen kann. Besser kann man es nicht machen – allenfalls länger. Ein Top-Ägyptenroman!

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