Fast zwei Kilo wiegt der Bestandskatalog „Ägyptische Kunst“ des Badischen Landesmuseums und ist somit auch physisch ein gewichtiges Werk. Sabine Albersmeier, die jetzt an der renommierten „The Walter Art Gallery in Baltimore“ (USA) wirkt, hat die fast tausend altägyptischen Stücke im Karlsruher Schloss sorgfältig dokumentiert und beschrieben. Nach einem knappen Abriss der Sammlungsgeschichte, welche schon im Juni 1766 beginnt, werden 12 Objektgruppen vorgestellt. Aus den „Reliefs und Stelen“ ragen die Wanddekorationen der Mastaba des Ii-nefret hervor. Der Grabinhaber war in der 5. Dynastie im Kult für den Pharao Mykerinos an dessen Pyramide tätig. Die 26 Kalksteinreliefs illustrieren Szenen aus dem Alltag, wie z.B. das Bierbrauen und bilden eine lange Opferliste ab. Das Kapitel „Grabinventar“ spannt den Bogen von einer anmutigen Gesichtsmaske eines Sarges aus der 18. Dynastie bis zum realistischen römischen „Fayyumporträt“. Bei den Uschebtis überragt der des Neb-Sumenu mit fast 35 cm seine 73 Kollegen, die in unterschiedlicher Qualität angetreten sind. Neb-Sumenu wird mit einer großen Farbabbildung und mit drei weiteren Aufnahmen vorgestellt – das ist Spitze! Star der „Statuen und Statuetten“ ist natürlich der fast lebensgroße Amun mit den Zügen von Tutanchamun. Diese Kalksteinplastik wird immer wieder als Leihgabe angefordert und hat sogar schon die USA besucht – Boston im Jahr 1999. Mit guten Amuletten ist die Karlsruhe Sammlung nicht gesegnet. Von den über hundert Objekten verdient nur das Udjad-Auge aus blauer Fayence Beachtung, welches sehr dekorativ den Umschlag des Bandes ziert. Auch mit Schmuck und Skarabäen kann die Sammlung nicht punkten. Von den 29 Käferamuletten verursachen nur die beiden beschrifteten Herzskarabäen Herzklopfen. Das Kapitel „Geräte und Werkzeuge“ prunkt mit einer hölzernen Schminkschale in Form einer Antilope. Sie enthält noch verharzte Reste von Styraxbalsam – so schön kann nur die 18. Dynastie sein! Bei den Gefäßen gibt es einige dekorierte prädynastische Vasen, eines zeigt sechs Steinböcke mit gewaltigen Hörnern. Die Papyri wurden Holger Kockelmann anvertraut. Jedes Fragment wird fotografisch, als Umzeichnung und in Umschrift wiedergegeben. Alle sind Teile von Totenbüchern. Im letzten Kapitel werden die „Imitationen und Fälschungen“ vorgeführt. Obwohl sich hier kaum Stücke finden lassen, die ernsthafte Zweifel aufkommen lassen, werden die Dubiosa gewissenhaft dokumentiert. Auch bei den seriösen Stücken wird auf Zweifel hingewiesen, etwa bei dem Amarna-Relief mit den drei Nubiern, das wohl aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammt.
Im Ranking der deutschen Sammlungen pharaonischer Kunst sehe ich Karlsruhe auf dem 6. Platz. Der Bestandskatalog bestätigt dies. Jeder, der sich ernsthaft mit dem Kunstschaffen am Nil beschäftigt, sollte dieses Buch besitzen. Es ist aufwändig illustriert, sorgfältig recherchiert und dennoch flüssig und lesbar geschrieben.