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Das Synodaldekret von Alexandria aus dem Jahre 243 v. Chr., SAK Beiheft 11 (Hamburg 2012)


Seiten: 269 | Verlag: Buske Erscheinungsjahr: | ISBN: 3875486226 | Rezensiert von: T.V.

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Hrsg: Yahia el-Masry, Hartwig Altenmüller, Heinz-Josef Thissen

Bereits seit 1974 erscheint die Zeitschrift „Studien zur Altägyptischen Kultur“ (SAK) jährlich in ein bis zwei Bänden, die seither zum festen Bestandteil ägyptologischer Bibliotheken gehört. Daneben erscheinen seit 1988 in unregelmäßigen Abständen die ausschließlich Monografien und Kongressakten vorbehaltenen SAK Beihefte, deren elfter Band hier vorliegt. Er handelt von einem auf einer im Jahre 2000 gefundenen Stele befindlichen Dekrettext, der alle Beschlüsse, die während einer Priesterzusammenkunft (Synode) in Alexandria unter Ptolemaios III. am 3. Dezember 243 v. Chr. gefällt wurden, festhält, und der nun zum ersten Mal vollständig bearbeitet vorliegt und der Wissenschaftsgemeinde zugänglich gemacht wird. Die Autoren, allesamt bekanntermaßen Kenner der altägyptischen Sprache und Kultur, bemühen sich dabei nicht nur den Stelentext ausführlich kommentiert zu übersetzen, sondern ihn auch geschichtlich und sprachlich einzuordnen und in Bezug zu anderen bekannten Dekreten zu stellen.

Die in englischer Sprache gehaltene Einleitung gibt einen kompakten Überblick über die Grabungen bei El-Khazindariya (etwa 400 km südlich von Kairo), wo die in mehrere Fragmente zerbrochene Stele nahe eines Tempels entdeckt wurde, und gibt bereits eine erste Beschreibung der Stele. Der an dieser Stelle wiedergegebene hieroglyphische Text der Stele und deren Übersetzung wirkt angesichts der ausführlichen Bearbeitung in den nachfolgenden Kapiteln überflüssig, richtet sich aber sicherlich an den der deutschen Sprache nicht mächtigen Leser. Auf eine Wiedergabe des demotischen Textes wird hier allerdings verzichtet.

Es folgt, von nun an vollständig in deutscher Sprache, die ausführliche Übersetzung des hieroglyphischen und des demotischen Textes, wobei für Erstere ein Schriftsatz verwendet wurde, während für Letztere, da die demotische Schrift schwierig als Drucktypen wiederzugeben sind, Fotos der Stele verwendet wurden, was in dieser Form absolut zu begrüßen ist. Die Bearbeitung erfolgt hier in von den Autoren sinnvoll gewählten Abschnitten zeilenweise und wird durch eine von F. Kayser rekonstruierte griechische Fassung des Textes ergänzt, die auf dieser Stele, die vermutlich nie vollendet und aufgestellt wurde, gänzlich fehlt, von der aber Fragmente erhalten sind, die von anderen Stelen stammen, welche von derselben Synode des Jahres 243 in Alexandria berichteten. Der an dieser Stelle gegebene Kommentar zur Übersetzung gehört zu den großen Stärken dieser Arbeit: Er geht auf sprachliche Besonderheiten innerhalb einer Fassung (hieroglyphisch, demotisch, griechisch) bzw. der verschiedenen Fassungen untereinander ein, wenn zum Beispiel Königstitel, Ländernamen, ja sogar Tiernamen in den verschiedenen Fassungen auch verschieden wiedergegeben werden, er vergleicht, wo immer es möglich ist, mit anderen bekannten Dekreten (z.B. dem Kanopus-Dekret oder dem für den Beginn der wissenschaftlichen Ägyptologie so bedeutsamen Rosetta-Stein), er erklärt geschichtliche Zusammenhänge, wenn im Text beispielsweise vom Dritten Syrischen Krieg und der Rückholung der Götterbilder die Rede ist, sowie soziokulturelle, wie der Rolle der Priester und der Königsideologie der Ptolemäerzeit. Dabei geht er jeweils nur soweit in die Tiefe, wie es möglich ist den Text nicht durch unnötiges Abschweifen aufzublähen, und bietet stattdessen eine vortreffliche Auswahl an vertiefender Literatur und verweist auf diese.

In den Kapiteln 6-9 (die Anhänge sind hier ungewöhnlicherweise noch vor den Ergebnissen!), werden einige im Kommentar aufgeworfene Fragen, die für die aktuellen ägyptologischen Diskussionen von besonderem Wert sind, weiter vertieft. Hier wird auch die Bedeutung dieses Fundes deutlich, der zwar nicht die Fachwelt auf den Kopf stellt, aber dazu beitragen kann, einige bisher offene Fragen zu beantworten, bzw. einige geäußerte Annahmen zu widerlegen. Ergänzt wird der Band noch durch eine zusammenfassende Übersetzung, einem hieroglyphischen und demotischen Glossar, einem Register, dem Literaturverzeichnis und zehn in schwarz-weiß gehaltene Tafeln, von denen vor allem die großen Aufnahmen der einzelnen Fragmente der Stele von Interesse sind.

Der gesamte Band ist sehr übersichtlich, obwohl die mehreren Übersetzungen desselben Stelentextes überflüssig wirken. Jeder von ihnen dient aber einem eigenen Zweck, so dass der Vollständigkeit gegenüber der Kompaktheit und größeren Übersichtlichkeit der Vorzug gegeben wurde. Die Kapiteleinteilung ist sinnvoll gewählt und das Register sowie das Glossar verweisen zuverlässig. Einige Lettern des griechischen Textes wurden im Druck nicht wiedergegeben, so dass an deren Stelle nur schwarze Quadrate erscheinen, ein Makel, der glücklicherweise nicht so häufig auftritt, dass er zum Problem würde, aber gelegentlich stört.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich hierbei um ein Werk handelt, das uneingeschränkt allen wissenschaftlichen Kriterien entspricht, und sich somit in erster Linie an die ägyptologische Fachwelt richtet. Dennoch wird jeder an der Ägyptologie und insbesondere der Ptolemaistik interessierte Laie, wenn er sich nur zutraut, die hoch gestellten wissenschaftlichen Hürden zu nehmen, sicherlich einige interessante Fakten erfahren können. Der für Fachliteratur nicht ungewöhnliche hohe Preis von 120 € für Nichtabonnenten der Zeitschrift dürfte dieses Werk aber für die meisten Laien uninteressant machen, für die ägyptologische Fachbibliothek ist es aber obligatorisch.

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