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The temple of Deir el Bahari

Autor: Édouard Naville


Seiten: 232 | Verlag: epubli GmbH Erscheinungsjahr: Originalausgaben: 1895 – 1908 | ISBN: 3844268405 | Rezensiert von: Carina Felske

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Hrsg: Stefan Bergdoll

Bei dem hier besprochenen Buch handelt es sich um eine modifizierte Neuauflage der sechs Bände „The Temple of Deir el Bahari“ (1895 – 1908) von Édouard Naville. Der Schweizer Ägyptologe legte zwischen 1893 – 1907 im Auftrag des Egypt Exploration Fund den Hatschepsut-Tempel (und den angrenzenden Totentempel Mentuhoteps II.) frei. Die Dokumentation von Naville war ein wichtiger Bestandteil für die spätere Rekonstruktion einiger Teile des Tempels.

Beispielseite aus dem Buch The temple of Deir el Bahari

Naville berichtet in den sechs Bänden über seine Ausgrabungen und Restaurationsarbeiten. Im letzten Band folgen noch seine gewonnenen Erkenntnisse über Bau und Architektur des Totentempels. Doch den größten Platz nehmen die Erläuterungen der Reliefs ein, die Naville zumindest in den ersten drei Bänden größtenteils transkripiert und übersetzt hat. Wenn auch mit einer nicht mehr gängigen Transkription und einigen Fehlern, die dem Umstand geschuldet sind, dass die Übersetzung der Hieroglyphen damals noch in den Kinderschuhen steckte. Beispielsweise wurde zu der Zeit Navilles Hatschepsuts Thronname noch Ramaka anstatt Maat-Ka-Re gelesen (der Name des Gottes Re wird in der Kartusche zwar zu Ehren des Gottes am Anfang geschrieben, aber erst am Ende gelesen).

Durch die Arbeit am Totentempel entdeckte Naville Dinge, die uns heute verborgen oder nicht mehr erkennbar sind. In einer Szene sieht man noch die Hörner einer großen Kuh, die bei Restaurationsarbeiten in der Antike durch zwei kleine Kühe ersetzt wurden. Eine weitere Kuriosität ist eine Kartusche mit dem Namen Ramses II., der seinen Namen ausgerechnet (oder natürlich) über das Schiff einmeißeln ließ, das die Besatzung nach Punt bringen sollte. Wo selbst für Naville schon nichts mehr zu erkennen war, zieht er Vergleiche zu anderen Tempeln mit ähnlichen Szenen.

Das Buch ist auf Englisch geschrieben, ist aber trotz einiger für unsere heutigen Ohren recht befremdlicher Stellen (wenn Naville z.B. von Negern spricht) gut zu verstehen.

Der promovierte Informatiker Stefan Bergdoll hat sich die Mühe gemacht, alle sechs Bände in einer modifizierten Ausgabe zusammenzustellen. Die wohl wichtigste Änderung im Vergleich zum Original sind die Bilder, die der Herausgeber direkt im Text untergebracht hat und nicht in einem separaten Teil, wie in der Originalausgabe.

An einigen Stellen verbesserte Bergdoll auch Fehler, wie er in seinem Vorwort schreibt. Das können einerseits Abschreibfehler sein, andererseits aber auch fehlende Übersetzungen oder gar ergänzte oder korrigierte Transkriptionen. Als Nicht-studierter Ägyptologe ist dies natürlich schwierig umzusetzen, weshalb sich bei einigen bearbeiteten Stellen leider Fehler eingeschlichen haben. Auch sind die korrigierten Stellen nicht gesondert markiert, was ein weiterer Kritikpunkt ist.

Die Zeichnungen, die im Laufe der Zeit vergilbten, wurden mittels Grafikprogramm wieder auf Vordermann gebracht. In den Bänden sind übrigens auch einige Zeichnungen von Howard Carter, dem späteren Entdecker von Tutanchamuns Grab, eingeflossen, der damals noch als Maler des Egypt Exploration Fund seinen Lebensunterhalt verdiente.

„The Temple of Deir el Bahari“ ist sicherlich eines der wichtigsten Bücher über den Totentempel der Hatschepsut. Naville rekonstruierte Szenen, die damals schon kaum mehr zu erkennen waren, und der Leser bekommt Einblicke in Szenen und Kulthandlungen, die für uns heute nicht mehr zu sehen oder für den Laien nicht zu erschließen sind. Es ist Stefan Bergdoll hoch anzurechnen, dass er sich die Mühe gemacht hat, die sechs Bände neu aufzulegen, auch wenn er auf die, sicher gut gemeinten, Korrekturen lieber hätte verzichten sollen. Dennoch gebührt einer solchen Arbeit und Mühe sicherlich jede Menge Anerkennung.

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