Tag 1 – Von Tauben, Wächtern und Institutionen

Nach einer durchwachsenen und eisigen Nacht (im Moment nur 5 Grad nachts in Luxor) und einem ausgedehnten Frühstück, ging es um 8 Uhr mit der Fähre los auf die Westbank.

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Direkt angekommen – schon belagert von einem Taxifahrer, der uns sein Fahrzeug für die Fahrt zum Tickethäuschen anbot. Eigentlich waren wir sehr stolz, dass wir ihn nur auf 10 LE runtergehandelt hatten, aber beim Anblick seines Fahrzeugs waren wir uns nicht sicher, ob wir damit das Fahrzeug mitgekauft hatten. Rasant fuhren wir zum Tickethäuschen.

Hier erwartete uns neben diversen Händlern ein Kind, das uns mit großen Kulleraugen um eine Bomboni anbettelte. Kaum hatte er es in der Hand, streckten sich uns 15 weitere Hände entgegen.

Die Tauben von Medinet Habu

Wir gingen in den Medinet Habu Tempel. Zur Zeit herrscht dort geschäftiges Treiben. Von dem kleinen Tempel der Hatschepsut werden Schrift und Reliefs abgezeichnet und dokumentiert, dahinter wurde eine Säule zusammengesetzt und hinter dem Haupttempel findet eine kleine Ausgrabung statt.

Tauben-Population am Medinet-Habu Tempel
Tauben-Population am Medinet-Habu Tempel

Ansonsten waren mehr Tauben als Touristen da. Sie saßen in den obersten Schriftzeichen der Außenwände. Uns blutete das Herz. Der große Pharao Ramses III. war von oben bis unten vollgesch…

Die Reliefs an den Außenwänden waren voll mit Taubendreck
Die Reliefs an den Außenwänden waren voll mit Taubendreck

Ich war enttäuscht, dass ich meinen kleinen Widderkopf, den ich mal vor 4 Jahren in einem Brunnen am Tempel versteckt hatte, nicht mehr wiederfand. Selbst der Brunnen war weg.

Der gewiefte Wächter vom Thot-Tempel

Es ging weiter zum kleinen Thot-Tempel in Qasr el-Aguz. Hier musste zunächst der Wächter mit einem knatternden Moped ranfahren, um uns herein zu lassen. Von den drei kleinen Hallen waren in der mittleren die Reliefs nur mit roter Farbe vorgezeichnet.

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Wir drückten dem Wächter ein Bakschisch in die Hand. Wir dachten wir hätten uns verhört als er uns weismachen wollte wir müssten noch ein Ticket am Tickethäuschen kaufen. Aber das Tickethäuschen sei weit und wir sollten ihm das Geld doch geben. Er würde die Tickets dann schon nachträglich kaufen. Einen Versuch wars wert.

Brennend heißer Wüstensand – das Tal der Königinnen

Zum Tal der Königinnen nahmen wir eine Abkürzung und kamen von hinten auf die Polizeistation zu. Die im Ruhemodus befindlichen Polizisten konnten gar nicht schnell genug ihre Uniformjacken anziehen. Durch die Pampa läuft hier sonst kein Tourist. „Good morning“ sagte der noch halbschlafende Polizist unter der Palme. Wir lachten und erwiderten seinen Gruß.

Wir ächzten die Straße zum Tal der Königinnen hoch. Das sah aus der Ferne gar nicht so weit aus. Ein fieser Gegenwind erschwerte uns zusätzlich den Weg.

„Toilet? Toilet?“ rief mir ein Wächter zu als ich etwas zur Seite ging, um Nefertaris Grab wenigstens aus der Ferne zu fotografieren. Als er bemerkte wofür ich mich interessierte, kam er mir sofort (und natürlich völlig selbstlos) zur Hilfe.

Wir gingen eine kurze Treppe hinab, wo er an einem Kasten an der Wand hantierte. Es werde Licht! Und ich durfte tatsächlich durch ein Guckloch einen Blick in das berühmte Grab werfen. Vor mir tat sich eine Treppe mit wunderschönen Reliefs aus. Hoffentlich bewahrheiten sich die Gerüchte und das Grab wird bald wieder zugänglich sein.

„Watch your head“ – Die Gräber von Deir el Medinah

Am Meretseger-Heiligtum ging es über die „Berge“ ins Arbeiterdorf Deir el-Medinah. Mal wieder durch die „Hintertür“. Ein Wächter, der gerade seine Galabiya in einer alten Waschschüssel auswusch, ließ sich von uns nicht weiter stören.

Wir stiegen in die tiefen Gräber hinab. Die Worte „Watch your head“ waren unsere stetigen Begleiter. Unfassbar, was die Menschen vor 3000 Jahren geleistet haben. Und was für wunderschöne farbige Wandmalereien.

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Wie gehts zu Paschedus Grab? Hier kommt Farradjs Auftritt. Ein freundlicher Ägypter mit sonnengegerbtem Gesicht führte uns den steilen und kurvigen Weg hinauf. Was für eine schlechte Kondition. Nadine und ich mussten uns erst einmal setzen. Ob das Grab den steilen Aufstieg und 15 LE für ein Zusatzticket wert ist? Nun ja.

Sesam öffne dich – Der Tempel von Deir el Medinah

„Nein! Wir brauchen keinen Guide zum kleinen Tempel“. „Doch, doch, er hat den Key.“ „Den Key haben sie alle.“ Aber er hatte tatsächlich den Key. Ok, ok. Wir brauchen ihn also doch. Vor 4 Jahren war der Tempel noch nicht abgeschlossen aber die Wächter fielen dem Stellenabbau zum Opfer.

Auf dem Weg dorthin wurden wir von einem jungen Burschen in Uniform zurückgepfiffen. Die Abkürzung durch die Gräber und Wohnbehausungen waren, wie auch das von Farradj bewusst ignorierte Schild ausgewiesen hatte, nicht erlaubt. Nach arabischer Debatte kam es schließlich doch zu einer 180 Grad Kehrtwende und dem offiziellen Weg.

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Im kleinen Tempel von Deir el-Medinah stieg ich als erstes auf das Dach und genoss die warme Sonne auf meinem Gesicht. Die Winterjacke konnte ich mittlerweile ausziehen. Hübsche Aussicht hier. Ich hörte Jolly mit Farradj angeregt diskutieren. Das war ein wirklich netter Wächter, dem wir gerne eine Extra Portion Bakschisch zusteckten.

Eine Institution auf der Westbank

Staunend standen wir vor den neuen Kolossen im Totentempel von Amenophis III. im Kom el-Hattan. Was für ein riesiges Areal! Das Freilichtmuseum nimmt schon Formen an.

Unsere letzte Etappe war „Dr. Bruno“, eine Institution auf der Westbank, der in den 50er und 60er Jahren Fotos von vielen Museen und Gräbern auf der Westbank machte. Über selket.de kennengelernt, statteten wir ihm gerne einen Besuch ab und lauschten seinen Anekdoten.

Wir waren am Ende (auch körperlich) eines ereignisreichen Tages und mit Sinken der Sonne froren wir mal wieder erbärmlich. Bibbernd erreichten wir unser Hotel. Nie wieder lache ich über Nadines Idee, eine Wärmflasche mit nach Ägypten zu nehmen.

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Tag 2 – Die Stadt der Geiergöttin und ein erhabener Tempel