Wir machten uns um 8 Uhr früh auf den Weg Richtung Taxistand, der sich in der Nähe der Fähranlegestelle am Nilufer befindet, um einen Taxifahrer für die Fahrt zum Tal der Königinnen zu bekommen. Heute würden wir den ganzen Tag nur auf dem Westufer verbringen.
Tupperfahrten mit Taxifahrer Mahmoud
Wir sprachen einen Taxi-Fahrer an, der gerade sein Auto mit einem schmierigen Lappen säuberte. Er stellte sich als Mahmoud, wir uns als Madame vor, so wie wir es im Reiseführer (siehe Büchertipps) gelesen hatten. Mahmoud war sehr nett, er erklärte uns vieles, zeigte uns sein Heftchen, in dem viele Reisende kleine Dankesreden und Lobeshymnen auf ihren Taxifahrer hinterlassen hatten und hielt vor den Memnon-Kolossen an, damit wir ein paar Fotos machen konnten.
Mahmoud war sogar so nett, dass er uns die nächsten Tage dann noch die Papyrus-Faktur seines Freundes und die Alabaster-Fabrik seines Bruders vorstellte… Da wir aber eh auf der Suche nach Mitbringseln für unsere Freunde und Verwandten waren, ließen wir seine Kaffeefahrten geduldig über uns ergehen. Zumindest hatten wir einen zuverlässigen Fahrer gefunden, der uns zu guten Preisen an unsere Zielorte brachte und auch immer schnell zur Stelle war, wenn wir ihn mit unserem Handy anbimmelten. In der Nähe der Memnon-Kolosse stiegen wir aus unserem Taxi aus, um uns am Tickethäuschen mit Tickets für diesen Tag einzudecken.
Ticket-Office
Die Tickets der meisten Sehenswürdigkeiten der Westbank – außer dem Tal der Könige, Tal der Königinnen, des Hatschepsut-Tempels und des Assasifs, die direkt vor Ort gekauft werden müssen! – kann man am Ticket-Office, das zwischen den Memnon-Kolossen und dem Tal der Königinnen liegt, kaufen. Zudem gelten die Tickets nur für einen Tag. Man sollte sich also morgens ganz genau überlegen, was man am Tag besichtigen möchte
Das Tal der Königinnen
Das Tal der Königinnen ist eigentlich recht unspektakulär und von der Qualität der Gräber um einiges hinter dem Tal der Noblen und dem Tal der Könige zurück. Die Reliefs sind, wie mittlerweile in vielen anderen Gräbern auch, mit Glasscheiben verdeckt, die vor zu hoher Luftfeuchtigkeit und den Patschhänden der Touristen schützen sollen.
Zu Fuß nach Deir el Medinah
Nach einer recht schnellen Gräbertour wollten wir zu Fuß über den Hang nach Deir el Medinah. Ein wenig orientierungslos suchten wir den Weg, den wir dort hinauf nehmen konnten. Glücklicherweise sahen wir in der Ferne eine kleine Gruppe weiterer Touristen und so hefteten wir uns schnell an deren Fersen und holten sie schließlich am Meretseger-Heiligtum ein. Das Heiligtum ist erst seit kurzem mit einer hohen Umfassungsmauer geschützt, über die ich als 1,60m kleine Person nur auf Zehenspitzen einen Blick werfen konnte.
Selbst im großen Ägypten ist die Welt sehr klein
Wir kamen mit der anderen Touristengruppe ins Gespräch und es stellte sich schnell heraus, dass es sich um Leute vom aegypten-reisefourm.de handelte, von denen ich einige schon seit Jahren aus diversen Chats und E-Mails kannte. Wie klein die Welt doch sein kann! Und unser Zusammentreffen entpuppte sich für meine Reisebegleiterin und mich als großer Glücksfall, denn durch ihren reichhaltigen Erfahrungsschatz, kamen wir in den Genuss von einigen Insider-Informationen, die unser straffes Reiseprogramm zwar noch weiter aufblähten, die wir aber (von unseren Füßen mal abgesehen) nicht bereut haben!
Zudem fütterten sie uns mit einigen wertvollen Tipps bezüglich des Umgangs mit den Ägyptern. Diese wären von Grund auf ziemlich lauffaul und falls uns einige mal zu lästig werden sollten, dann sollten wir die Beine in die Hand nehmen und ganz schnell davonlaufen. Die würden nie hinterherrennen. Wir lachten aufgrund dieses hervorragenden Vorschlages, hofften aber gleichzeitig, dass es niemals dazu kommen würde…
In Deir el Medinah
Zusammen gingen wir weiter nach Deir el Medinah, wo gerade jede Menge Touristen auf den Einlass in die beiden Gräber von Sennedjem und Inherkau warteten. Seufzend setzten wir uns erst mal hin und warteten, bis der größte Strom vorüber war. Schließlich konnten wir in die beiden Gräber hineingehen. In den engen Grabschächten schlug uns ein extremer Geruch nach Schweißfüßen entgegen, der zusammen mit der eh schon dort vorherrschenden stickigen Luft, das Atmen stark erschwerte. Wir drängelten uns mit anderen Touristen zusammen in die kleinen Grabkammern und begutachteten fasziniert die bunt bemalten Reliefs mit Szenen aus dem Totenkult der einfachen Menschen. Dennoch waren wir froh, als wir schweißgebadet wieder draußen standen und frische Luft schnappen konnten.
Wir gingen mit der Reiseforum-Truppe weiter in das kleine Hathor-Heiligtum am Rand von Deir el-Medinah. Unsere neuen Reisebegleiter erzählten uns, dass die umfangreichen Renovierungsarbeiten in dem Tempel nun endlich abgeschlossen seien und die Farben dort wie neu erstrahlen würden. Dieser Tempel ist wirklich ein kleines Schmuckstück geworden und ein Blick auf die für einen Tempel sehr ungewöhnliche Darstellung des Totengerichtes hielt uns lange in seinem Bann.
Bei den Rassuls
Wir gingen einen kleinen Abhang herunter und marschierten dann ein Stück weiter an der Straße entlang in Richtung Ramesseum. Wir ließen uns schließlich im Café neben dem Ramesseum nieder, das der berühmt-berüchtigten Grabräuber-Familie, den Rassuls, gehört. Ich war froh, dort endlich etwas zu trinken zu bekommen, denn mit einer 0,5l Thermosflasche in die ägyptische Wüste zu ziehen, grenzt an Körperverletzung, wie ich an diesem Tag feststellen musste. Nachdem wir uns im Café ein wenig erfrischt und die vielen Bilder und Zeitungsberichte, die dort über das aufregende Leben der Rassuls berichten, gelesen hatten, ließen wir die Forumstruppe erst einmal zurück und gingen in das Ramesseum.
Das Ramesseum
Es war Mittag und es herrschte eine brütende Hitze. Doch beides gleichzeitig hat den Vorteil, dass man fast alleine in den Tempeln ist. So auch hier im Ramesseum (das aber zugegebenermaßen auch nicht allzu häufig von Touristengruppen angesteuert wird). Hier trafen wir wieder auf Szenen über die Schlacht bei Kadesch: verletzte hethitische Soldaten, die schreiend vom Fluss Orontes davongeschwemmt werden, Streitwagen, die über die toten Körper gefallener Feinde rollen und über die gesamte Szenerie herrscht der überdimensionale Ramses II. auf seinem prächtigen Streitwagen.
Überdimensional sind auch die Reste seiner Statue, die zusammen mit einer weiteren das Herzstück dieses Tempels gewesen sein muss. Berühmt ist auch die Darstellung von der Bestürmung der Festung Dapur, die sich an der rechten Pylonwand hinter dem zweiten Hof befindet. Leider hat dieses Relief seine besten Zeiten schon lange hinter sich und man sieht nur noch vereinzelte Leitern, hinaufsteigende Ägypter und herabfallende Feinde.
Mahmoud wartete schon draußen auf uns und wir fuhren weiter bis nach Medinet Habu. Der Tempel sollte unsere letzte und längste Station für heute werden.
Medinet Habu
Dieser Tempel ist aufgrund seiner Größe und seiner teils noch sehr gut erhaltenen Reliefs ein beliebtes Ziel von Individual- und Pauschalreisenden. Der Zugang führt durch ein hohes Tor mit einem großen Hof, in dem ein Tempel der 18. Dynastie und kleine Grabkapellen für Priesterinnen der Spätzeit angelegt wurden. Die meisten inneren Räume der Grabkapellen waren abgesperrt, der kleine Tempel komplett für die Augen der Besucher verschlossen. Die Außenmauern der beiden Anlagen sind so verwittert, dass nichts mehr zu erkennen ist.
Wie bei seinem berühmten Vorfahr und Namensvetter dominieren auch in dem Tempel von Medinet Habu die Schlachtszenen. Die wohl berühmteste Szene zeigt Beamte bei der Zählung von abgeschlagenen Händen und Phalli der Feinde (Rückwand 1. Pylon). Doch es gibt auch wunderschöne Szenen von wichtigen Festen und Prozessionen, die zu Ehren der Götter und natürlich zu Ehren des ruhmreichen Pharaos abgehalten wurden.
Im hinteren Teil des Gebäudes zeigte uns ein Bakschisch-Jäger mehrere mit einem Bretterzaun abgesperrte Räume – mal mehr, mal weniger lohnenswert. Wir liefen kreuz und quer durch die verschiedenen Räume, so dass ich hinterher nicht mehr wusste, wo ich welches Foto gemacht hatte.
Schlechter Agentenfilm
Der Bakschisch-Jäger schlich bei seiner Führung so geheimnisvoll durch den Tempel, dass wir uns wie in einem schlechten Agentenfilm vorkamen. Alles war Top Secret, was er mit „psssscht“, „wait here for a minute“ u.ä. zum Ausdruck brachte. Dennoch beschlich uns das Gefühl, dass sowohl seine Geheimniskrämerei als auch die provisorisch errichteten Holzabsperrungen letztendlich nur dafür gut sind, den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. So musste unser Bakschisch-Jäger denn auch passen, als wir ihn ganz frech nach dem Schlüssel zu einem verschlossenen Raum im Inneren des Tempels fragten.
Außenmauer im Abendrot
Nachdem wir das Innere besichtigt hatten, sollte unser letzter Gang für diesen Tag einmal um den Tempel von Medinet Habu führen. Die Sonne stand mittlerweile sehr tief und während ich mich aus fotografischer Sicht im Inneren des Tempels über die tiefen Schatten geärgert hatte, war die in rötliches Licht getauchte Außenmauer ein wahrer Augenschmaus. Wir spazierten um die Magazine, machten um die vielen Kotgruben der Wärter einen großen Bogen und hielten Ausschau nach auffälligen Steinen. Ich fand sogar einen, der mit viel Fantasie aussah wie ein Widderkopf, doch ich hätte nie gewagt, ihn mit nach Deutschland zu nehmen. So versteckte ich ihn ein paar Meter weiter an einem sicheren Ort und schwor mir, bei meiner nächsten Luxor-Reise nachzuschauen, ob er noch an Ort und Stelle liegt.
Wir genossen die Stille, die angenehme Kühle des Abends, das rötliche Farbspiel der untergehenden Sonne, das sich auf dem Tempel und dem dahinter liegenden Gebirge widerspiegelte. Wir fühlten uns wie in einer anderen Welt… Erst durch den schiefen Singsang eines Polizisten wurden wir wieder zurück in die Realität geholt. Doch da waren wir mit unserem Rundgang auch schon zu Ende. Schweigend stiegen wir in Mahmouds Taxi – überwältigt von dem, was wir heute gesehen und erlebt hatten.