Tag 6 – Dunkelheit und Erleuchtung

Das Tal der Könige! Natürlich ein Must See wenn man in Luxor ist. Dennoch für mich immer ein zweischneidiges Schwert. Ich liebe die fantastischen Grabbemalungen aus den Totenbüchern, die eine ganz besondere Atmosphäre verbreiten. Wenn dort nur nicht die Flip-Flop und Hotpants tragenden Touris wären, die laut schnatternd und lachend durch die Gräber spurten und einen Volkssport daraus machten, im Vorbeigehen wenigstens einmal den Sarkophag Ramses III. zu betatschen.

Das Tal der Könige

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Ramses III. im Dunkeln

Wir waren überwältigt vom Grab Ramses III., der seine Prunksucht schon in seinem Tempel in Medinet Habu unter Beweis stellte. Es war erstaunlich groß und voll von farbenfrohen und hochinteressanten Reliefs. Als wir so durch die Gänge schlenderten, gab es auf einmal ein leises Knacken, gefolgt von einem überraschten Aufschrei. Das Licht war ausgefallen. Schnell die Taschenlampe rausgeholt und die Wandmalereien nur im Schein der Lampe betrachtet. Wir waren schon fast enttäuscht, als nach wenigen Minuten das Licht wieder anging.

Im Schutze der Dunkelheit hatte ein Tourist versucht im Grab noch schnell einen Schnappschuss zu machen, doch er hatte die Rechnung nicht mit den Wächtern gemacht, die aufpassen, wie die Luchse und sich anschleichen wie die Katzen. „Come on, we go to the police“, sagte er streng dem sichtlich erschrockenen Fotografen. Doch mit ein wenig Bakschisch konnte der das Übel gerade noch abwenden.

Merenptah – Konditionstraining im Grab

Wir gingen einen tiefen schlauchförmigen Schacht entlang durch das Grab von Ramses‘ II. Sohn Merenptah. Hier erhoffte sich ein Wächter auf eine andere Art an Bakschisch zu gelangen und ermahnte Nadine, keine Aufzeichnungen auf ihrem kleinen Notizblock zu machen. Als er sah, wie wütend sie daraufhin wurde, ruderte er zurück und erlaubte es ihr wieder. Aber Nadine bleib trotzig und ließ ihr Notizblock in der Tasche stecken.

Auf dem Rückweg ächzten wir die insgesamt 192 Stufen und Holzleisten im steilen Winkel wieder hoch und kamen völlig außer Atem am Ausgang an.

Thutmosis IV. – Reliefs mau, Sarkophag wow

Da die Ramessiden in der Regel alle voneinander abgeschaut hatten, verzichteten wir auf ein weiteres Grab dieser Epoche und schauten uns lieber eins der früheren an. Thutmosis IV. war ein eher unbedeutender Pharao und entsprechend schlicht war sein Grab. Das hatte sich anscheinend auch bei allen anderen rumgesprochen, denn wir waren ausnahmsweise die Einzigen, die sich in die Tiefen dieses Grabes wagten.

Nicht sehr einfallsreich sind die Reliefs im Grab von Thutmosis IV.
Nicht sehr einfallsreich sind die Reliefs im Grab von Thutmosis IV.

Gott + Pharao, Gott + Pharao,… Hmm, also ein bisschen einfallsreicher hätten die Künstler ja schon sein können. Und in der Auswahl an Göttern ein wenig flexibler, denn es waren eigentlich nur Anubis, Osiris und Hathor, die ihn ins Jenseits begleiteten und ihm ein lebensspendenen Ankh vor die Nase hielten. Auf gerade einmal zwei Wänden in dem Grab befanden sich die Darstellungen dieser Götter in immer gleicher Szene. Beeindruckend war dagegen der gewaltige Granitsarkophag in der Grabkammer.

„Don’t climb the mountains“

„Don’t climb the mountains“ stand ermahnend auf dem Schild. Schade, eigentlich wollten wir über die Berge vom Tal der Könige zum Carter House.

Am Grab Thutmosis IV. blickten wir uns suchend um, ob wir irgendwo aufsteigen konnten, ohne dass uns gleich die Polizisten zurückpfeifen. Ein Ägypter, der sich gerade in der Sonne räkelte, musste unsere Blicke bemerkt haben, denn er kam direkt auf uns zu und bot sich uns als Führer an. „Isn’t it forbidden?“ entgegneten wir „Nooooo, it’s ok. Trust me.“ Wir glaubten ihm kein Wort, aber die Versuchung, diesen beeindruckenden Spaziergang über die Berge zu machen, war einfach zu groß. Und so lotste er uns an den Blicken der Polizisten vorbei einen steilen Pfad hoch auf die Spitze der Berge.

So wanderten wir bei angenehmen Temperaturen und einer frischen Brise die Berge entlang Richtung Hatschepsut-Tempel und bewunderten die Aussicht.

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Von den Bergen aus überlegten wir welcher Weg wohl zum Carter Haus führen würde und fanden den mittleren am aussichtsreichsten. Aber zwei Arbeiter die dort Elektroarbeiten erledigten und uns auf einen Tee einluden, wollten uns unbedingt den richtigen Weg zu unserem Ziel zeigen. Einer der Arbeiter stammte aus Neu Qurna und behauptete, er wollte sowieso gerade zum Mittagessen hinuntergehen und könne uns auch begleiten.

Alpiner Abgang zum Carter Haus

Er nahm den Weg linker Hand, was uns etwas komisch vorkam aber schließlich war er der Einheimische, also folgten wir ihm. Ein Weg war es eigentlich nicht, nicht einmal ein Trampelpfad. Und während uns die vielen Steine schmerzend durch die Schuhe drückten, ging unser Führer zielstrebig voran.

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Je länger wir liefen, desto mehr schwante uns, dass dieser Weg nicht der direkte zum Carter House sein würde und so war es auch. Das letzte Stück rutschten wir einen Geröllabhang runter, der einem Alpinisten zur Ehre gereicht hätten. Meine Knie schlotterten und ich griff verkrampft die ausgestreckten Hände unseres Führers. Mein Herz klopfte wie wild als wir endlich unten ankamen. Die Ansage unseres Führers der Weg sei „a little bit hard“ war maßlos untertrieben. Gelandet waren wir an der Straße zum Tal der Könige und hatten noch etwa 15 Minuten in der sengenden Mittagssonne zum Carter Haus vor uns.

Ein Imitat ist eben kein Original – Tuts Grabreplik

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Ich freute mich auf eine kühle Fanta, doch zu früh gefreut. Das Restaurant am Carter Haus gibt es nicht mehr. Aber der freundliche Wächter, der uns vielleicht unsere Strapazen angesehen hatte, bot uns sofort einen Tee an.

Da wir noch auf eine andere Gruppe warten mussten, warfen wir einen gelangweilten Blick in das schon früher besichtigte Carter Haus und dann ging es endlich los in Tutanchamuns Grabreplik. Nadine und Jolly hatten sich das Original am Vormittag nicht entgehen lassen, ich wollte den armen Tut nicht noch einmal in seinem Schaukasten im Grab liegen sehen.

Dadurch hatten die beiden den direkten Vergleich und ihre Meinung war wie erwartet: lieber 100LE für das Originalgrab als 50LE für die Kopie. Nachgebildet ist nur die Grabkammer, in der auch noch der goldene Sarkophag fehlt. In den anderen Räumen informieren Hinweistafeln über die Fundgeschichte von Tuts Grab und die Entstehung der Replik.

Egypt meets Germany – In den Gräbern von Dra Abu el-Naga

Von dort zu Fuß ging es zu den Gräbern von Roy und Shuroy und dem neu eröffneten Grab von Amenemopet. Außer den gewaltigen Statuen, die uns sehr beeindruckten, war hier nicht viel zu sehen.

Vielleicht gaben wir so großzügiges Bakschisch, dass uns der Wächter auf einen Tee in seinem Wächterhäuschen einlud. Eigentlich wollten wir direkt ins Hotel zurück, aber der Wächter bestand mehrfach darauf, dass wir ihn begleiten sollten.

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Als wir bei seinem Häuschen ankam, rief er etwas laut in die Ebene und 2 Minuten später waren zwei Kollegen mit einem Tablett und 5 Gläsern zurück. Einer der drei war der Polizist, der uns stolz seine Maschinenpistole zeigte und stolz meinte „This is German!“. Wir lächelten gequält, nur Nadine wollte ein deutsches Gewehr einmal in die Hand nehmen. Den Wunsch erfüllte er ihr, natürlich nur nach vorheriger Sicherung, gern. Der andere Wächter, stellte uns seine Habibi vor, eine kleine Glückskatze namens „Monika“. Als dann auch noch Bayern München hochgradig gelobt wurde, fühlten wir uns (trotz anderweitigem Lieblingsverein) fast wie zu Hause.

Ma salama am Luxor-Tempel

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Als Abschluss unserer Reise wollten wir noch in den illuminierten Luxor-Tempel gehen. Leider hatte ich mich mit den Öffnungszeiten vertan und als wir um 20.15 Uhr da waren, hatten wir gerade noch eine Dreiviertelstunde Zeit, um durch den Tempel zu hetzen. So fing der Auslöseknopf meiner Kamera an zu glühen und es blieb keine Zeit, sich einmal 10 Minuten auf einen Stein zu setzen und sich von der Atmosphäre gefangen nehmen zu lassen.

Eigentlich wollten wir noch ein Abschiedsgetränk in der Hotelbar zu uns nehmen, aber wir waren so erschöpft, dass es nur noch Jolly an den Tresen schaffte. Während er sein Bierchen trank, schliefen wir schon tief und fest. Eine Woche Luxor voller Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen lagen hinter uns. Hoffentlich bis bald – Inschallah.