Tag 1 – Im Luxor- und Karnaktempel

Schon um 5.45 Uhr morgens fielen wir aus dem Bett als die Muezzins von ihren Zitadellen riefen. Ein Hall aus vielen Stimmen, feierlich und für unsere westlichen Ohren fast ein wenig unheimlich, ging uns durch Mark und Bein und sollte auch für die nächsten Tage unser morgendliches Aufwecksignal werden.

Eine Stunde später war die Nacht dann für uns endgültig vorbei und wir begaben uns nach einem reichhaltigen Frühstück aufgeregt auf unseren ersten Weg zur Fähre. Heute stand das Ostufer mit dem Karnak- und Luxortempel auf dem Plan. Ein wenig mulmig zumute, wie wir zwei Frauen uns am ersten Tag wohl durchschlagen würden, machten wir uns auf den Weg zur Fähre. Wir setzten uns in eine Reihe mit mehreren anderen Frauen und genossen den Fahrtwind. Keiner beachtete uns.

Die erste Kaleschenfahrt

Kalesche in Luxor
Unsere Kalesche

Am Ostufer angekommen, wollten wir sofort nach Karnak und suchten nach den Kaleschen. Es war noch sehr früh und so waren es gerade einmal drei Kaleschen, die ein Stück vom Ufer entfernt auf die Touristen warteten. Wir nahmen die Erstbeste und als wir so fuhren, hofften wir insgeheim, dass sich unser Fahrer seine Verletzungen (er trug einen Verband um den Kopf) mit seiner Peitsche selbst zugefügt hatte. Das arme Pferd hatte überall Striemen von der Peitsche auf seinem Rücken! Dennoch fehlte uns an unserem ersten Tag in einem fremden Land einfach der Mut, dem Kutscher Einhalt zu gebieten. Am Karnak-Tempel angekommen, fehlte uns dann auch noch das nötige Kleingeld, um ihm die vorher ausgemachten 15 Pfund klein zu geben. Natürlich hatte er kein Wechselgeld dabei, weshalb wir dem grinsenden Fahrer zähneknirschend 20 Pfund in die Hand drückten. Das fing ja gut an…

Im Karnak-Tempel

Karnak-Tempel im morgendlichen Dunst
Der Vorplatz zum Karnak-Tempel. Im Hintergrund erhebt sich der Tempel von Karnak majestetisch im Morgendunst

Wo ist das Ticket-Häuschen?

Vor uns erhob sich im Morgennebel der altehrwürdige Karnak-Tempel. Der Besuch dieses Tempels sollte unser erstes Highlight werden. Doch nun mussten wir erst einmal das Ticket-Häuschen finden… Als wir schon fast am Tempeleingang waren, endete unser Gang abrupt vor den beiden Ticketabreißern. Also noch mal zurück, vorbei am Ticketoffice für die Sound- and Lightshow, bis unsere Suche schließlich vor einem kleinen Loch endete, das direkt neben dem Ausgang des Gebäudes, wo das Modell des Karnak-Tempels zu sehen ist, unscheinbar ins Mauerwerk gebrochen war.

Wieder zurück am Karnak-Tempel, wo uns die Polizisten grinsend erneut durch die Schleuse winkten und wir den Ticketabreißern nun endlich unsere Tickets in die Hand drücken konnten, wühlten wir uns durch eine Horde von Touristen, die sich durch den Tempel drängelten. Wir waren von dem Tempel sehr beeindruckt. Vor allem die Halle mit den riesigen Säulen, ließ uns staunen und wir setzten uns für einen Moment am Fuße einer der prachtvollen Säulen nieder, um die Atmosphäre dort zu genießen.

Zutritt ins Allerheiligste

Wir gingen weiter, vorbei an wundervollen Reliefs mit Schlacht- und religiösen Szenen, vorbei an dem großen Obelisken von Thutmosis I. und den noch größeren der Königin Hatschepsut, hinein in das Sanktuar aus ptolemäischer Zeit, wo früher kein Sterblicher, außer ausgesuchten Priestern und Pharaonen, Zutritt hatte. In dem Tumult von Touristen fiel es schwer, uns auszumalen, was für eine feierliche Stille hier einst über dem Ort gelegen haben muss. Die Dunkelheit, die im alten Ägypten viele Teile des Tempels umhüllte, gibt es längst nicht mehr. Überall dringen Fluten von Sonnenstrahlen in die einstigen Tiefen des Tempels. Als wir unsere Köpfe hoben, erblickten wir die Reste eines Fensters mit dünnen Schlitzen, die uns erahnen ließen, wie wenig Sonnenlicht ursprünglich in das Tempelinnere drang.

Nachdenklich gingen wir weiter in den „botanischen Garten“, wo Thutmosis III. Tiere und Pflanzen in den Stein hauen ließ, die er auf seinen vielen Feldzügen gesehen hatte. Sein Obelisk, an den heute nur noch eine Plattform im Karnak-Tempel erinnert, steht heute in Rom, vor der Kirche San Giovanni in Laterano.

Der Lauf um den Glücksskarabäus

Völlig erschöpft und überwältigt von all den Eindrücken, kamen wir nach 3 ½ Stunden am Heiligen See und dem dort liegenden „Cola Tempel“ an, wo wir uns das gleichnamige Getränk bestellten (recht teuer) und endlich mal an ein wenig Kleingeld kamen, das in Ägypten gänzlich Mangelware ist. Wir schauten belustigt den Touristen zu, die in Reih und Glied mehrmals um den großen Glücksskarabäus rannten. Doch nachdem wir den direkt daneben liegenden Obelisken der Hatschepsut bestaunt hatten, ließen wir es uns nicht nehmen, ebenfalls einmal um den Skarabäus zu laufen. Zwei Frauen in Ägypten konnten Glück bestimmt gut gebrauchen…

Glücksskarabäus im Karnak-Tempel
Der Glücksskarabäus im Karnak-Tempel.
Ramses II. im Karnak-Tempel
Ein touristenfreies Foto von der Statue Ramses II. im Karnak-Tempel

Der erste Tempel-Bakschisch-Jäger

Wir liefen am See vorbei Richtung Month-Heiligtum. Hier war es fast gespenstisch ruhig, denn in die Querachse verirrt sich so leicht kein Tourist. So konnten wir auch nicht dem Polizisten ausweichen, der uns am (verschlossenen) Ausgang der Südachse entgegenrannte und uns mit gebrochenem Englisch die Bildnisse von Königinnen zeigte, die aus seiner Sicht alle Nefertari waren und wofür er denn auch natürlich Bakschisch verlangte. Ich gab ihm ein Pfund. Er lachte. Ich gab ihm noch ein Pfund. Er lachte wieder, dieses Mal hämischer. Genervt drehte ich mich um und ließ ihn einfach stehen. Auf die von ihm gezeigten Reliefs wäre ich auch alleine gestoßen.

Touristenfreies Foto

Es war nun fast 14 Uhr und wir waren so gut wie alleine im Tempel. Nachdem wir einmal um den Tempel herumgegangen waren, kamen wir wieder in den 1. Hof und freuten uns über ein gänzlich touristenfreies Foto der berühmten Ramses-Statue vor dem 2. Pylon. Obwohl wir nun seit fast sechs Stunden im Tempel waren, hatten wir noch lange nicht alles gesehen und konnten nicht jedem wunderbaren Relief unsere ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, wie es viele verdient hätten. Aber unser Programm war straff angesetzt und ich wollte noch unbedingt Fotos vom Luxor-Tempel bei Tageslicht machen. Also nahmen wir uns ein Taxi und fuhren Richtung Luxor-Tempel.

Der Luxor-Tempel

Nach kurzer Fahrt erreichten wir den viel kleineren Luxor-Tempel, in dem es um einiges ruhiger zuging als in seinem großen Bruder. Es war nun 14.30 Uhr und dementsprechend wenig Touristen dort. Wir betrachteten den 1. Pylon mit Szenen von Ramses II. in der Schlacht bei Kadesch, die uns auch noch an anderen Stellen in Luxor und Umgebung begegnen sollten. Anschließend schlenderten wir durch den ersten Hof mit der Moschee des Ortsheiligen Abu el Hagag, durch den Säulensaal Amenophis III. und setzten uns schließlich in dem von ihm errichteten Hof für eine Weile hin und beobachteten ein japanisches Pärchen, bei dem sich die Frau in gekonnt einstudierten Posen vor die Kamera stellte, während ihr Gatte ununterbrochen auf den Auslöser drückte.

Der Zahn der Zeit

Nach dieser erholsamen Pause gingen wir weiter, bis wir schließlich in den gesuchten Geburtsraum von Amenophis III. kamen. Enttäuscht stellten wir fest, dass der Zahn der Zeit sehr an diesem Raum genagt hat. Die einstmals prachtvollen Reliefs über die göttliche Geburt Amenophis III. waren nur noch schemenhaft erkennbar. Wir versuchten, den Schöpfergott Chnum zu erkennen, der auf seiner Töpferscheibe den Pharao formte – vergeblich. Das Licht stand einfach zu schlecht in den Raum.

Am hinteren Ende des Luxor-Tempels schlenderten wir noch durch ein kleines Freilichtmuseum, in dem Relieffragmente gezeigt werden, wunderten uns über einen in Stein gehauenen Fußabdruck, der mir in meinen Büchern so noch nicht begegnet ist und gingen schließlich an der westlichen Außenwand mit ihren wundervollen Schlachtszenen zurück.

Bei Sayed

Sayeds Geschäft
Wer entspannt einkaufen möchte, der solle zu Sayed gehen

Wir machten noch ein paar Fotos von der Sphingenallee, die einst den Karnak- mit dem Luxortempel verband, riefen uns ein Taxi, das seine besten Jahre schon lange hinter sich hatte, und fuhren zu Sayed, der in seinem gut laufenden Uhren-/Parfüm-/Statuen-/Flacon-Laden in der Nähe des Isis-Hotels auf uns wartete. Wir unterhielten uns lange und amüsierten uns köstlich über Sayeds Geschichten über seine Landsleute und waren sehr dankbar für einige Tipps, die er uns mit auf den Weg gab. So lernten wir das arabische Wort „la“, was „Nein“ bedeutet und in welcher Tonlage man dieses am besten aussprechen sollte. Freundlich und bestimmt, aber nicht zu arrogant. Dieses kleine Wörtchen sollte uns noch eine große Hilfe sein. Aber nicht mehr an diesem Abend.

Unsere Prepaid-Karte

Als es schon längst dunkel war, verabschiedeten wir uns von Sayed, gingen in den naheliegenden Mobilfunk-Shop und kauften uns eine ägyptische Prepaid-Karte von Mobinil. Obwohl wir nur einen deutschen Personalausweis hatten (die Reisepässe hatten wir natürlich im Hotel vergessen) verlief die Freischaltung problemlos und innerhalb von 3 Stunden rauschten auch schon 7 SMS mit arabischen Schriftzeichen rein. Wir hofften, es war nur Werbung…. Nun noch schnell Sayeds Tipp befolgt und bei der Bank im Isis-Hotel Groß- gegen Kleingeld getauscht und ab nach Hause, zu unserem Hotel auf die Westbank.

Unsere vorerst letzte Kaleschenfahrt

Auf der Suche nach einem Taxi, das uns zur Fähre bringen sollte, hielt neben uns eine Kalesche mit zwei jungen Männern an, die uns mit einem „special price“ von 5 Pfund in ihr Gefährt lockten. Das Pferd sah dieses Mal sehr gepflegt aus, keine Peitsche war zu sehen und da wir sehr müde waren, ließen wir uns trotz der schlechten Erfahrung mit der ersten Kaleschenfahrt auf ihr Angebot ein. Kaum eingestiegen, wendete die Kalesche und fuhr in die entgegengesetzte Richtung. Entrüstet machten wir auf diesen Fehler aufmerksam und verlangten die sofortige Wendung des Gefährts. Die beiden jungen Männer lachten aber nur, während sie mit vermutlich anzüglichen Bemerkungen bei ihren Freunden am Straßenrand mit uns angaben.

‚we don’t have it larger‘

Nachdem wir nun lautstark protestierten, gaben die beiden schließlich nach und fuhren in die richtige Richtung, nicht ohne uns mehrfach zu fragen, wie unser Hotel hieß. Wir taten so, als ob wir sie nicht verstehen würden. Doch sie ließen nicht locker und schließlich kam die, wie wir die nächsten Tage noch feststellen sollten, obligatorische Frage, wo denn unsere Männer wären. „Krank im Hotel“, war unsere knappe Antwort. Diese gefiel den beiden wohl gar nicht und so fuhren wir schweigend noch ein Stückchen weiter, bis sie uns schließlich mitten auf einer stark befahrenen Kreuzung mit dem Kommentar rausließen, es wären noch 2 Minuten bis zur Fähre. In ihrer Dreistigkeit verlangten sie auch noch 20 Pfund, statt der zuvor ausgemacht 5 Pfund. Doch wir hatten aus den Fehlern vom Morgen gelernt und ich hatte mir während unser abenteuerlichen Fahrt heimlich eine 5 Pfund Note in die Tasche gesteckt, die ich dann auch unserem Kutscher mit dem „denglischen“ Kommentar ‚we don’t have it larger‘, in die Hand drückte.

Bevor sie uns wieder in Diskussionen verwickeln konnten, stiegen wir schnell aus der Kutsche aus und rannten über die Straße zum rettenden Bürgersteig. Nach dieser Aufregung genossen wir den 10-minütigen Spaziergang am Nilufer entlang. Der Abendwind war angenehm kühl und wir betrachteten am Westufer das illuminierte Gebirge und rechts von uns den wunderschön beleuchteten Luxor-Tempel.

Luxor bei Nacht. Im Hintergrund die illuminierten Berge der Westbank
Luxor bei Nacht. Im Hintergrund die illuminierten Berge der Westbank

Neugierige Blicke

Meine Reisebegleiterin hatte mittlerweile ihren Schal zu einem Kopftuch umfunktioniert und hätte mit ihrer langen, luftigen Kleidung und den schwarzen Haaren, die unter ihrem Kopftuch hervor lugten, nun glatt als Einheimische durchgehen können. Mit meinen blonden Haaren, die nun in der kühlen Abendluft nicht mehr unter einem Hut verschwunden waren, schienen wir ein komisches Pärchen abzugeben. Seltsamerweise waren es eher die Frauen und Kinder auf der Fähre, die uns neugierige Blicke zuwarfen, ihre Köpfe zusammensteckten und über uns tuschelten.

Wir waren heilfroh, als wir wieder am westlichen Ufer waren. Wir wollten nicht so lange warten, bis die Fähre anlegte und uns in den Strom von Einheimischen einreihen. So machten wir es einigen Ägyptern nach und sprangen mit einem beherzten Sprung aus dem Fährenfenster.

Horrorschuhwerk und brennende Waden

Völlig erschöpft, die Kleidung voller Sand, die Farbe unserer Schuhe unter dem vielen Staub kaum mehr erkennbar, kamen wir wieder in unser Hotel El Nakhil. Die noch am Morgen von meiner Freundin angepriesenen bequemen Schuhe entpuppten sich als Horrorschuhwerk. Ich hatte mit meinen Turnschuhen mehr Glück – dafür brannten meine Waden. Doch Füße und Waden hatten wenig Zeit zur Regeneration, denn am nächsten Morgen sollte es schon um 7.00 Uhr nach Dendera und Abydos gehen.

Das Ende eines langen Tages

Tag 2 – Dendera und Abydos