Einkaufen und Preise in Ägypten

Beim Einkaufen in Ägypten zahlt der unbedarfte Tourist wohl das meiste Lehrgeld, im wahrsten Sinne des Wortes. Bei meinem ersten Tassen-Kauf war ich stolz darauf, den Preis für fünf Tassen um über die Hälfte heruntergehandelt zu haben – aber letztendlich hatte ich dennoch das 5-fache zu viel bezahlt.

Der Gipfel der Unverschämtheit war dann bei einem Einkauf im Souk (Bazar) von Luxor. Hier wollte ich mich mit wunderschönen Tüchern eindecken, die es dort in allen Farbvariationen überall zu kaufen gibt. Ich hatte mich vorher über den Preis eines Tuches informiert: ab 15 – 30 LE (je nach Qualität war das im Jahr 2010 ca. 3€ ). Ich dachte erst, ich hör nicht richtig, als der Händler umgerechnet einen Preis von 95€ für die drei Schals haben wollte!

Der Händler wurde dann schließlich so aggressiv und aufdringlich, dass wir den Laden schnell wieder verlassen haben – was ihn allerdings nicht daran gehindert hat, uns bis auf die Straße zu folgen und wild gestikulierend und mit vollem Körpereinsatz die Qualität seiner Waren anzupreisen.

Der Souk in Luxor
Der Souk in Luxor. Hier werben sogar schon Läden mit „No hassle“ (kein Bedrängen) um die Kundengunst.

Jagdszenen

Wenn man solche Szenen, die so oder so ähnlich in den Händlergassen oder bei den fliegenden Händlern in den historischen Stätten stattfinden, verfolgt, fragt man sich unwillkürlich, ob die Ägypter nicht mehr Geld verdienen würden, wenn sie nicht so aggressiv verkaufen würden. Man wagt ja kaum einen Blick auf eine Ware zu werfen, aus Angst, man würde sofort angequatscht werden. Aber wer weiß wie wir verkaufen würden, hinge unsere Existenz von seidenen Tüchern ab.

Die Kunst des Feilschens

Feilschen ist nicht gerade das, was uns „Westlern“ in die Wiege gelegt wurde. Auch ich tue mich da zugegebenermaßen noch schwer damit, da mir die gewisse Kaltschnäuzigkeit dafür fehlt. Letztendlich schlummern aber in vielen von uns derartige Talente bzw. gilt hier wie in so vielen Situationen im Leben auch: Übung macht den Meister. Die nachfolgenden Tipps klappen natürlich nicht immer aber sie geben zumindest eine gute Grundlage, um die Kunst des Feilschens zu erlernen.

Basar Tal der Könige
Bevor man die historischen Stätten erreicht (oder sie wieder verlassen möchte), muss man manchmal durch solche Einkaufsgässchen, die in einem Spießrutenlauf ausarten können

Wo ihr besser nicht feilschen solltet
In Geschäften mit ausgezeichneter Ware, die keine typischen Touristensachen verkaufen, sowie in Restaurants wird nicht gefeilscht, sondern es wird der Preis gezahlt, der ausgewiesen ist.

Fantasiepreise

Wenn ihr an einem typischen Touristenort oder in in einem typischen Touristengeschäft nach einem Preis fragt, könnt ihr mit an 100% grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich um einen Fantasiepreis handelt. Nun geht es es also ans Feilschen. Und das tut am besten nicht in Euro, wie euch oft angeboten wird, sondern lieber in Ägyptische Pfund. So behaltet ihr besser die Relation und könnt in kleineren Schritten runterhandeln als in Euro.

Fliegende Händler auf einem Boot
Kommt man in die Nähe des Assuan-Staudamms, kann man besonders pfiffige Händler antreffen. Sie vertauen ihr Boot mit dem Schiff und preisen ihre Waren an. Kommt es zum Kauf, müssen sowohl Händler als auch Touristen zielgenau werfen können

Wie man feilscht

Überlegt euch am Anfang eine Schmerzgrenze, welchen Preis ihr höchstens ausgeben wollt und startet mit eurem ersten Gebot deutlich darunter. Natürlich wird das Geschreie bei so einem niedrigen Angebot erst einmal groß sein. Lasst euch nicht davon beeindrucken und habt immer eure Schmerzgrenze im Kopf.

Wenn ihr kurz vor eurem Limit angekommen seid und keine Einigung in Sicht ist, kehrt dem Händler den Rücken und geht ein paar Schritte weiter. Der Händler wird euch folgen und mit seinem Preis noch weiter runtergehen und bestenfalls eure Schmerzgrenze erreichen. Vielleicht liegt eure Schmerzgrenze aber weit unter der seinen, was ihr in der Regel an der hartnäckigen Wiederholung des Preises, gepaart mit Ausführungen über die Vorzüge und der Schönheit seines Artikels erkennen könnt.

Wenn der Händler dann partout nicht mehr runtergehen möchte, könnt ihr noch versuchen, den letzten Trumpf zu ziehen und den Betrag zücken, den ihr zu zahlen bereit seid. Bargeld hat oft eine überzeugendere Wirkung als Worte.

Zusammengefasst: Das kleine 1×1 des Feilschens
1. Der erstgenannte Preis ist ein Fantasiepreis
2. Verhandelt in der Landeswährung, nicht in Euro
3. Überlegt zu Verhandlunsgbeginn, wo eure Schmerzgrenze liegt
4. Wenn ihr euch nicht einigen könnt, geht einfach weiter, der Preis wird fallen
5. Zückt Bargeld, wenn andere Argumente nicht mehr wirken

Was ist der richtige Preis?

Der Pferdefuß an der Kunst des Feilschens besteht in der Frage: Wie hoch ist denn eigentlich der Preis? Bestenfalls erkundigt ihr euch vorher wie hoch der Preis für euer Souvenir sein soll, z.B. wie der aktuelle Goldpreis liegt.

Tuchhändler Kom Ombo
Bei diesem Tuchhändler in Kom Ombo kann man wunderschöne Tücher kaufen – und wenn man gut feilschen kann auch zu einem ordentlichen Preis. Zumindest hatte ich hier mehr Glück als im Souk in Luxor

Schmerzgrenze 10% des Preises

Wenn ihr dazu keine Möglichkeit habt oder ihr einen Spontankauf tätigen wollt, gab mir ein Freund den folgenden Tipp: Warte darauf, was der Händler als ersten Preis nennt und nimm als Schmerzgrenze 10% dieses Preises. Schlägt der Händler also 400LE vor, dann habe 40LE im Kopf.

Natürlich ist das eine sehr einfache Rechnung, die auch nur für die typischen Touristengeschäfte oder die fliegenden Händler in den Touristenhochburgen gilt. Manchmal ist auch mehr als 10% ein gerechtfertigter Preis für eine Ware. Manchmal habt ihr selbst damit noch zu viel bezahlt. Aber als Leitlinie sollte euch das schon ein wenig helfen.

Warum sollte ich nicht einfach den „höheren“ Preis zahlen?

Einige von euch mögen sich jetzt vielleicht denken, ob ich nun 10€ oder 3€ für ein Tuch ausgebe, billiger als in Deutschland ist das allemal und ich tue den Menschen hier was Gutes – gerade in der momentanen Situation in Ägypten. Richtig. Aber beim Einkaufen in Ägypten solltet ihr dennoch immer im Hinterkopf behalten, wie niedrig die Löhne dort sind. Die Ägypter verdienen nur einen Bruchteil von dem, was wir hier verdienen und wenn wir dem Tuchhändler sein verlangtes Geld gegeben hätten, dann hätte er das Monatsgehalt eines Tempelwächters erhalten. Man muss also immer die Relation sehen und sollte sich nicht zu sehr übers Ohr hauen lassen.

Nepper, Schlepper, Bauernfänger

Einige Ägypter verstehen sich sehr gut darin, Touristen in den Laden zu locken. Oft verwickeln sie ihr „Opfer“ so geschickt in ein Gespräch, dass man die Hinterlist erst bemerkt, wenn man schon mit einem Bein im Laden steht. Da können sich unsere Vertriebler hier noch eine Scheibe von abschneiden 😉

Die beliebteste Masche der Händler ist: Vertrauen aufbauen. Das kann ein deutscher Bekannter in Berlin, Düsseldorf, Köln usw. sein oder das Überreichen einer einfachen Visitenkarte und eh man sich versieht, werden einem schon die Waren oder Dienstleistungen angepriesen.

Shoppen mit dem Reiseleiter
Fragt einfach mal euren Reiseleiter, wenn ihr unsicher seid und ihr nicht alleine auf den Souk gehen möchtet. Er wird für euch aus Rücksicht zu den Händlern nicht handeln oder für euch das Objekt eurer Begierde kaufen (war bei uns zumindest immer so) aber die Händler werden euch mit ihm an seiner Seite nicht so schnell über den Latz ziehen wollen. Da Shopping-TOUREN für die meisten Männer zu TORTUREN werden können, solltet ihr es aber nicht übertreiben und eure Dankbarkeit hinterher mit einer kleinen Aufmerksamkeiten (sprich: Bakschisch) zum Ausdruck bringen

Kalesche
Zum Edfu-Tempel werden Reisende mit einer Kalesche kutschiert. Aber auch an anderen Orten lohnt sich die Fahrt an frischer Luft, um Eindrücke von Land und Leuten zu erhalten. Man sollte aber darauf achten, dass das Pferd nicht abgemagert ist oder sogar Striemen von der Peitsche am Körper hat

„Tupperfahrten“

Auch Taxifahrer wittern mit dieser Masche den Geruch des Geldes und schleppen einen in die Alabasterfabrik des „Bruders“ und in die Papyrusfabrik des „besten Freundes“.

Diese Schlepper erhalten 30-50% des Verkaufspreises – ebenso wie die Reiseleiter, die ihre Touristengruppe in solche Läden führen. Die 30-50% Provision für den Schlepper schlägt der Verkäufer natürlich auf seinen Preis auf, schließlich will er ja kein Minusgeschäft machen. Daher solltet ihr bei Läden, die an Hauptverkehrsstraßen liegen und von großen Touristenbussen angesteuert werden, generell mit diesem Aufschlag rechnen.

Taxifahrer

Einem Fahrer (egal ob Taxi, Kalesche oder Felukke) solltet ihr das vorher ausgemachte Geld übrigens immer sofort geben – es sei denn er soll bei einem verabredeten Punkt auf euch warten, dann natürlich erst am Schluss – sonst kann er sich auf einmal nicht mehr an den richtigen Preis erinnern und verlangt mehr als vorher ausgemacht. Das Geld solltet ihr möglichst passend haben, sonst könnte es hinterher heißen, er hätte kein passendes Geld zum Wechseln.

Bei einem Gewürzhändler
Bei einem Gewürzhändler

Gewürzhändler

Auf eine Masche bin ich leider auch mal reingefallen (ja ja, man lernt nie aus 😉 ). Ein Gewürzhändler stopfte meine gewünschten Gewürze in kleine Tütchen und erst am Ende zählte er alles zusammen und heraus kam ein stolzer Preis. Auf Feilschversuche ging er überhaupt nicht ein und da ich, als gut erzogene Frau, es nicht übers Herz brachte zu sagen, er soll die 12 Päckchen wieder auspacken und sich zum Teufel scheren, habe ich mit Murren den ganzen Preis bezahlt. Eine Begleiterin, die des arabischen mächtig ist, hat vielleicht nur ein Viertel von meinem Preis bezahlt. Also: lieber den Preis bei jedem Gewürzbeutelchen einzeln ausmachen und merken oder irgendwo aufschreiben.

Einkaufen bei den Kopten
In der Region Luxor sind koptische Geschäfte sehr zu empfehlen – dort sind die meisten Waren mit Preisen versehen, wie der gewöhnliche Tourist das auch von daheim her kennt. Wer in einem koptischen Geschäft genügend kauft, d. h. ordentlich Geld ausgibt kann mit ungefragten Zugaben rechen bzw. einem vom Händler ungefragt eingeräumten Rabatt. Da freut sich doch das Shopperherz! Neben der Tatsache, dass Kopten nicht so aufdringlich wie ihre islamischen Landsleute sind, erkennt ihr den Unterschied auch daran, dass koptische Frauen in der Regel kein Kopftuch tragen und auch oftmals (jedenfalls sehr viel öfter als ihre muslimischen Geschlechtsgenossinnen) arbeiten. In Luxor gibt es in der Nähe des Old Winterpalace mehrere koptische Geschäfte, ebenso am und im Sheratonhotel.

„Gute Qualität“

Einkaufen in Ägypten heißt immer aufpassen wie ein Luchs. Der Händler wird manchmal nicht nur versuchen, euch mit seinen Preisen übers Ohr zu hauen, sondern euch auch das Blaue vom Himmel versprechen, was die Qualität und Echtheit seiner Waren betrifft. Echte antike Stücke erweisen sich oft als billige Nachmache (generell solltet ihr „angeblich Echtes“ gar nicht erst kaufen, denn es drohen empfindliche Gefängnisstrafen, wenn ihr erwischt werdet), kleine Statuen werden als „handmade“ angepriesen, obwohl sie „Made in China“ sind. Der hochwertige Papyrus erweist sich als billige Fälschung aus Bananenblättern (erkennt ihr, wenn beim Knicken die Ecke abbricht). Wunderbar duftendes Parfümöl kann mit Speiseöl-Fusel versetzt sein, usw.

Wenn Preise auf den Waren stehen

Die Preise auf den Waren sind IMMER ägyptische Pfund und nicht Euro, Dollar oder sonst was, auch wenn die Währungseinheit nicht explizit vermerkt ist. Wenn es keine typischen Touristenshops sind, wird hier übrigens auch nicht gefeilscht (siehe oben).