Nach dem Tode Echnatons (und der 3-jährigen Regentschaft eines mysteriösen Semenchkares) bestieg im Jahr 1333 v. Chr. ein gerade mal 8-jähriger Junge den Thron Ägyptens. Tutanchamun, der zu dieser Zeit noch Tutanchaton hieß, wurde in einer sehr unruhigen Zeit geboren.
Pharao Echnaton war ein radikaler Anhänger seiner eigenen Religion. Er zerstörte die Bildnisse der alten Götter und erhob die Sonnenscheibe Aton zum alleinigen Gott. Echnaton vertiefte sich so sehr in seine Religion, dass alles Andere für ihn nebensächlich wurde. Das Reich zerfiel.
Noch dazu hatte Echnaton die Außenpolitik völlig vernachlässigt. Vor allem in Vorderasien bröckelte der ägyptische Einfluss immer mehr, und immer weniger Tribute gelangten in die ägyptische Staatskasse. Die Bitten der benachbarten Länder um militärische Hilfe blieben unerhört und Ägypten musste sogar befürchten, von Feinden angegriffen zu werden. Es war ein schwieriges Erbe, das Tutanchaton antreten musste.
Zurück zu den alten Göttern
Nach Echnatons Tod kehrten die Ägypter mit Erleichterung wieder zu ihrer ägyptischen Göttervielfalt zurück. Tutanchaton und seine Berater entschieden sich dafür, den Umbruch nach über 10-jähriger Aton-Vorherrschaft nicht auf den Tag genau mit seiner Krönung durchzuführen. Doch nach und nach wurden alle Tempel des Landes wieder geöffnet und die Priester konnten zu ihrem alltäglichen Geschäft zurückkehren.
Die Bürger holten die Götterstatuetten aus ihren Verstecken und stellten sie wieder in ihren Hausschrein. Sie durften nun wieder offiziell zu Amun, Isis, Osiris und all den anderen Göttern beten, was sie inoffiziell auch schon hinter Echnatons Rücken getan hatten.
Zurück in die alte Hauptstadt
Der Stadt des „Ketzers“ Echnaton kehrte man in Tutanchamuns 2. Regierungsjahr den Rücken zu. Achetaton („Horizont des Aton“) war unter Echnaton innerhalb von nur drei Jahren aus dem Boden einer öden Wüstenlandschaft Mittelägyptens gestampft worden und die Hochburg des Aton-Glaubens geworden. Mit der Rückführung der alten Götter war sie dem Untergang geweiht und die Einwohner Achetatons verließen zusammen mit dem König diesen unglückseligen Ort. Memphis wurde neuer Dreh- und Angelpunkt des Reiches und Theben wieder die alte, religiöse Hauptstadt Ägyptens.
Denn da seine Majestät als König erschien, da waren die Tempel der Götter und Göttinnen von Elephantine bis zu den Lagunen des Delta im Begriff, vergessen zu werden, und ihre heiligen Stätten im Zustande des Untergangs, zu Schutthügeln geworden, die mit Unkraut bewachsen sind. Ihre Gotteshäuser waren wie etwas, das es nicht gibt, und ihre Tempel waren ein Fußweg. Das Land machte eine Krankheit durch, die Götter, sie kümmerten sich nicht um dieses Land…
Textauszug der Restaurationsstele
nach Hermann A. Schlögl: Das alte Ägypten: Geschichte und Kultur von der Frühzeit bis zu Kleopatra, S. 243
In der neuen Hauptstadt angekommen, musste Tutanchaton nun ein Zeichen seines neuen-alten Glaubens setzen. Und so änderte er seinen Namen von Tutanchaton in Tutanchamun („Lebendiges Abbild des Amun“) und ließ im Tempel von Karnak eine Stele aufstellen, auf der er sich vor aller Welt vom Werk seines Vorgängers distanzierte (siehe Zitat oben).
Natürlich wird all dies kaum einem 8-jährigen Jungen eingefallen sein. Eje, der auch schon unter Echnaton ein hochrangiger Beamter war, und der General Haremhab zogen hinter den Kulissen die Fäden. Und offenbar hatten sie so viel Freude an den Regierungsgeschäften, dass sie sich nach Tuts plötzlichem Tod dann selbst auf den Thron Ägyptens setzten – aber dazu später mehr.
Tutanchamuns Familie
Im Jahr 2010 veröffentlichten Wissenschaftler die Ergebnisse eines umfangreichen DNA-Tests. Sie untersuchten insgesamt 11 Mumien, von denen man glaubte, sie würden zu Tutanchamuns Familie gehören.
Tutanchamuns Vater
„Sohn des Königs von seinem Leibe“. Diese Inschrift mit Tutanchatons Namen fand man auf einem Kalksteinblock in Hermopolis. Der junge König war also der Sohn eines Pharaos. Doch welches Pharaos? Nirgendwo fanden sich Hinweise, wer denn nun sein Vater gewesen sein könnte. Doch die heutige Wissenschaft gibt uns Antworten auf dieses Rätsel.
Wer ist die Mumie im Grab KV 55?
Seit den DNA-Tests steht fest, dass die Mumie im Grab KV55 im Tal der Könige der Vater Tutanchamuns ist. Doch wer ist diese Mumie? In der Grabkammer seines Vaters fanden sich Gegenstände mit allen möglichen Namen aus der Familie Echnatons: von seinen Eltern Amenophis III. und Teje, seiner Schwester Sitamun, von Tutanchamun und Echnaton selbst. Aber die Kartuschen am Sarkophag waren ausgekratzt, das Gesicht ausgeschlagen. Und das war das Schlimmste, was man einem Toten antun konnte, denn ohne geschriebenen Namen gab es für ihn kein Leben im Jenseits – er starb einen endgültigen Tod.
Eine solche Zerstörungswut lässt daher eigentlich nur auf den verhassten Ketzerpharao Echnaton schließen.
Oder doch Semenchkare?
Doch die Sache hatte bis vor kurzem noch einen Haken: Die Mumie ist in einem sehr schlechten Zustand und frühere Untersuchungen besagten, dass es sich bei dieser Mumie um einen 20-25-jährigen Mannes handeln müsste. So jung kann Echnaton, der 17 Jahre lang regierte, bei Eintritt seines Todes aber unmöglich gewesen sein. Daher kam für viele Forscher nur Tutanchamuns Vorgänger Semenchkare in Frage. Die neuesten Untersuchungen stellten anhand einer altersbedingten Verkrümmung der Wirbelsäule sowie Arthrose in Knien und Beinen aber fest, dass der Mann im Grab KV55 im Alter von rund 40 Jahren gestorben ist. Vorausgesetzt, die letzten Ergebnisse sind korrekt, kann es sich bei der Mumie nur um Echnaton handeln.
Stand der jetzigen Forschung ist also, dass Echnaton der Vater Tutanchamuns war.
Die Mutter
Noch geheimnisvoller ist die Frage, wer die Mutter Tutanchamuns war. War es Echnatons Hauptgemahlin Nofretete? Oder seine vielbenannte Ehefrau Kija, die lange Zeit als Favoritin galt? Auch hier ist zumindest die Mumie von Tutanchamuns Mutter identifiziert worden. Es handelt sich um die sogenannte „jüngere Dame“ aus dem Grab KV35. Leider fehlen Inschriften mit dem Namen der Mumie. Laut der neuen DNA-Untersuchungen soll sie direkt mit Echnaton verwandt und vermutlich eine seiner Schwestern oder seine Kusine gewesen sein.
Nofretete als Mutter Tutanchamuns?
Auf jeden Fall war Tutanchamun ein Inzest-Kind, was bei den Pharaonen des alten Ägypten nicht weiter außergewöhnlich war, sollte doch das königliche Blut rein gehalten werden. Doch wird Nofretete nirgends als eine Tochter von Echnatons Eltern Amenophis III. und Teje erwähnt. Falls sie eine Kusine Echnatons gewesen ist, stellt sich die Sache schon ganz anders da. Nur warum wurde Nofretete immer nur zusammen mit ihren sechs Töchtern abgebildet und ausgerechnet nicht mit dem heißersehnten Thronerben? Leider gibt es gerade aus der Spätzeit von Echnatons Regierung sehr wenig archäologische Funde, was eine Erklärung dafür sein könnte. Sicherheit könnten nur neue Funde geben, in denen Nofretete eindeutig als Mutter benannt wird.
Die Nebenfrau Kija?
Nofretete kommt also höchstwahrscheinlich nicht als Mutter in Frage. Oder die Nebenfrau Kija? Wie bei Nofretete, steht in keiner bisher gefundenen Inschrift geschrieben, dass sie mit Echnaton verwandt war. Sie ist dadurch zwar nicht völlig aus dem Rennen, aber solange der schriftliche Beweis ihrer Blutsverwandtschaft mit Echnaton fehlt, scheidet sie erst mal aus. Bleiben noch die Töchter von Echnatons Vater Amenophis III.: Nebetiah, Iset, Sitamun, Henuttaunebu oder Baketaton (bei letztgenannter ist es unsicher, ob sie eine Tochter Amenophis III. oder eine Tochter Echnatons war). Doch bei keiner ist eine Heirat mit ihrem Bruder bekannt. Wer wirklich die Mutter Tutanchamuns war, bleibt also vorerst ein Rätsel.
Vielleicht wartet hinter den Mauern von Tutanchamuns Grab die Sensation auf uns und das Geheimnis über seine Herkunft wird dann endlich geklärt. 2015 erregte der Ägyptologe Nicholas Reeves mit seiner These, hinter der Grabwand von Tutanchamun liege das Grab der Nofretete einiges an Aufsehen (wir haben in mehreren Blog-Artikeln über „Nofretetes Grab“ berichtet).
Anchesenamun – Tutanchamuns Gemahlin
Tutanchamun heiratete die drittälteste Tochter Echnatons und Nofretetes, die ihren Namen von Anchesenpaaton in Anchesenamun („Sie lebt für Amun“) änderte. Eine Heirat in der eigenen Verwandtschaft war, wie bereits oben erwähnt, zu der damaligen Zeit im Herrscherhaus durchaus üblich. Anchesenamun war ca. 6 Jahre älter als ihr Gemahl. Auf Grabgegenständen sieht man die beiden in ganz intimen Szenen, in denen sie sich zärtlich liebkosen oder Anchesenamun sich voller Hingebung um ihren Gemahl kümmert. Die Szenen könnten einerseits ein Beweis dafür sein, dass sich die beiden Halbgeschwister wirklich liebten oder zumindest große Zuneigung füreinander empfanden. Andererseits könnte es auch einfache Propaganda sein. Denn schon Echnaton und Nofretete ließen sich in inniger Familienidylle abbilden, was in der ägyptischen Kunst in dieser Form völlig unüblich war.
Kinder hatte das Paar keine. In dem Grab befanden sich zwei mumifizierte Fehlgeburten. Anhand ihrer DNA versuchen die Wissenschaftler nun, die Mumie von Anchesenamun zu finden. Es deutet Einiges auf die Mumie hin, die im Grab KV21A im Tal der Könige lag. Weitere Tests an dieser Mumie sollen das Geheimnis lösen.
Tutanchamuns Aussehen
Die Totenmaske Tutanchamuns ist berühmt für ihre Schönheit. Doch wie so oft im alten Ägypten ist der Pharao auch hier idealisiert dargestellt worden.
Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren mittlerweile drei Mal versucht, anhand von Röntgen- und CT-Aufnahmen den Kopf Tutanchamuns zu rekonstruieren. Herausgekommen ist bei allen drei Rekonstrunktionen keine Schönheit im eigentlichen Sinne. Bei einer Gesichtsrekonstruktion im Jahr 2002 beschrieb der Focus Tutanchamun süffisant als „grobschlächtiger antiker Skinhead mit wollüstigen Lippen, breiter Nase und fliehendem Kinn“1. Eine Ähnlichkeit zum Fußballstar Ronaldo sei unverkennbar. Fest steht, dass Tutanchamun 1,67 m und von schmächtiger Gestalt war.
„Man muss sagen, er war eigentlich ein armer Junge“ 2
(Kommentar von Carsten Pusch, vom Institut für Humangenetik der Universität Tübingen, wissenschaftlicher Leiter bei den DNA-Tests an Tuts Mumie)
Ein Klumpfuß
Bei der 2-jährigen Studie, die 2010 veröffentlicht wurde, fanden die Forscher heraus, dass Tutanchamun auf der linken Seite einen Klumpfuß hatte. Wahrscheinlich schon von Geburt an, fehlte am zweiten linken Zeh der Mittelknochen, so dass er kürzer war als die anderen. Tutanchamun litt zudem an einer Osteonekrose (Gefäßverschluss, der die Blutversorgung des Knochens blockiert) am linken Fuß. Wegen dieser Krankheit, war Tutanchamun wahrscheinlich gezwungen, am Stock zu gehen. Das würde jedenfalls auch die über 130 Gehstöcke in seinem Grab erklären.
Skoliose und Kieferspalte
Ebenfalls diagnostiziert wurde eine Skoliose, eine Verbiegung der Halswirbelsäule, die eine Buckelbildung zur Folge gehabt haben könnte, sowie eine Kieferspalte. Mit diesen Krankheiten hatten auch schon seine Vorfahren zu kämpfen, ebenso wie mit einem leichtem Überbiss und großen Schneidezähnen.
Keine Schädelkrankheit
Wenigstens haben sich frühere Vermutungen, Tutanchamun könnte an dem Marfan-Syndrom (eine genetische Bindegewebserkrankung) gelitten haben, was eine Deformierung des Schädels zur Folge haben kann, nicht bestätigt. Echnaton ließ sich selbst und seine Kinder mit überdimensional nach hinten gestreckten Schädeln abbilden. Und auch Tutanchamuns Kopf sieht auf den ersten Blick so aus, als ob der Schädel ungewöhnlich weit nach hinten ausgerichtet wäre. Aber laut dem kürzlich erschienen Untersuchungsbericht ist die Länge nicht anormal.
1Zitat aus: Gabi Czöppan: „Ägyptenkult, Entzauberte Könige“, Focus, 14.10.2002
2Zitat aus: Uschi Hahn: „Einige Rätsel um ägyptischen Pharao gelöst“, Tagblatt, 18.02.2010
Woran starb Tutanchamun?
Nur 19 Jahre wurde der Kindkönig alt – Anlass für viele Spekulationen. Wie starb der junge Pharao? Eines natürlichen Todes oder war es etwa Mord? Noch bis vor kurzem grassierte die Vermutung, Tutanchamun wäre ermordet worden. Und es gab tatsächlich einige Anzeichen dafür.
Der Schlag auf dem Hinterkopf
1925 ließ Howard Carter, der Entdecker des Grabes, eine anatomische Untersuchung der Mumie durchführen, die aber eher einem Ausschlachten als einer Autopsie glich. Die Salben, mit denen die Bandagen der Mumie getränkt waren, klebten wie Leim an der Mumie. Als Carters Team versuchte, die Mumie von dem Sarkophag zu lösen, fügte man ihr erheblichen Schaden zu. Als sie dann Stück für Stück untersucht wurde, fand man wegen der geringen technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit nichts Besonderes. 1968, nach 40 Jahren, erhielt ein Forscher der Liverpooler Universität die Erlaubnis, die Mumie zu röntgen und machte ein paar erstaunliche Entdeckungen:
Ein Knochensplitter wurde im hinteren Kopfraum gefunden, außerdem entdeckte man einige Knochenbrüche. Vor allem der Knochensplitter im Hinterkopf führte zu wilden Mord-Spekulationen. Geschichten, in denen mal der alte Eje, mal der machtgierige General Haremhab nach der Krone dürsteten und somit den ungeliebten König mit einem hinterhältigen Schlag auf dem Hinterkopf aus dem Weg räumten, machten die Runde. Doch 2005 verstummten die Gerüchte, bzw. die Mordtheoretiker verlagerten den Todesstoß nun weiter nach unten.
Doch kein Mord
Am 05.01.2005 holte man Tutanchamuns Mumie aus ihrem Grab und ließ sie mit einem hochmodernen CT-Scanner durchleuchten. Dabei entstanden innerhalb einer Viertelstunde über 1700 Aufnahmen, die Tut’s Körper erstmals in dreidimensionalen Schichtbildern zeigten (siehe Bild rechts). Die Mordtheorie mit dem Schlag auf dem Hinterkopf konnte schnell widerlegt werden. Die losen Knochensplitter im Hinterkopf wurden erst durch den Einbalsamierungsprozess der Mumie zugefügt, die Knochenbrüche durch die schlechte Behandlung durch Carters Team. Zahi Hawass, der damalige Leiter der ägyptischen Altertümerverwaltung, stellte auf einer Pressekonferenz klar, dass weder ein gewaltsamer Tod festgestellt werden konnte, noch Hinweise darauf, dass Tut durch einen Unfall, bei dem der Brustkasten eingedrückt wurde, oder durch einen Schlag gegen das Hinterhaupt ums Leben gekommen ist. Frühere Theorien waren somit widerlegt.
Neue Todestheorien
Ein internationales Forscherteam (u.a. mit dem Leiter des Swiss Mummy Projects Dr. Dr. Frank Rühli) entdeckte mit Hilfe der CT-Scans Erstaunliches.
Ein Sturz?
Die Forscher entdeckten auf den CT-Scans einen komplizierten Bruch des linken Oberschenkels. Die Wunde könnte sich entzündet haben und Tutanchamun an dieser Infektion gestorben sein. An der Bruchstelle wurden Reste von einer Flüssigkeit gefunden, die wahrscheinlich von der Einbalsamierung stammte. Theoretisch könnte sie aber auch aus Versehen von Carters Team in den von ihnen zugefügten Bruch gepresst oder der Bruch durch eine der Einbalsamierungsflüssigkeit ähnliche Substanz kaschiert worden sein. Wenn allerdings die antiken Einbalsamierer die Flüssigkeit in die Wunde des Bruches gegossen haben, war sie also bei der Mumifizierung noch offen. Ein Schwertstreich? Ein Sturz vom Streitwagen? Vielleicht fiel der Pharao aber auch einfach nur aufgrund seiner Behinderung am linken Fuß unglücklich hin und brach sich so den Oberschenkel.
Für die Forscher in der BBC Dokumentation „Tutankhamun: The Truth uncovered“ von 2014 scheint ein Streitwagenunfall so gut wie ausgeschlossen. Sie konnten einen genetisch bedingten Knochenschwund feststellen, der es Tutanchamun zusammen mit seinem Klumpfuß unmöglich machte, einen Streitwagen zu fahren.
Oder Malaria?
Eine weitere Untersuchung an Tutanchamuns Mumie ergab, dass er neben diversen anderen Krankheiten und Gebrechen, (siehe Tutanchamuns Aussehen) auch an einer schweren Form von Malaria litt. In seinem Körper wurden Reste des Malaria-Erregers Plasmodium falciparum gefunden. Diese Krankheit muss aber nicht unbedingt tödlich verlaufen sein. Vielleicht war es aber auch die Verbindung von allen drei Krankheiten, die letztendlich zum Tod führte. Einem Menschen vor 3000 Jahren, der durch seine Knochenerkrankung am Fuß sowieso schon geschwächt war, dann noch an Malaria litt und sich eventuell sogar den Oberschenkel gebrochen hatte, wird es nicht besonders gut ergangen sein. Zumindest fand man im Grab Pflanzen, die zur Senkung von Fieber verwendet wurden. Letztendlich wird Tutanchamuns Todesursache aber wahrscheinlich immer ein Geheimnis bleiben.
Der Tod von Tutanchamun und das Ende einer Dynastie
Tutanchamun starb im März oder April um ca. 1323 v. Chr. im Alter von nur 19 Jahren. Auf seiner Mumie befand sich ein Blumengewinde mit Alraunenwurzeln und Bittersüß, letztere blüht nur im Spät-Frühling in Ägypten.
Ein unvorbereitetes Begräbnis
Ein nur 80qm kleines Grab…
Da der junge König völlig unerwartet starb, überließ ihm vielleicht sein Berater und selbst ernannter Nachfolger Eje sein eigenes Grab. Nur 70 Tage – denn so lange dauerte die Mumifizierung – hatten die Arbeiter nun Zeit, ein nur 80qm kleines Grab für Osiris-Tutanchamun herzurichten. Nur in der Grabkammer befinden sich Wanddekorationen, die noch dazu in aller Eile angebracht wurden. Überall fanden sich Farbspritzer, die keiner wieder entfernt hat, wie es normalerweise geschah.
…vollgestopft mit wertvollen Dingen
Das Begräbnis selbst war ebenfalls mit einigen Schwierigkeiten verbunden, da der große Prunk nur mit viel Mühe in das viel zu kleine Grab passte. Der Sarkophagdeckel bekam beim Transport einen Riss und musste provisorisch mit Gips und Farbe repariert werden. Einer der Schreine war zu groß für die kleine Kammer und wurde stellenweise einfach abgehobelt.
Anchesenamuns Verzweiflungstat?
Um dessen Herrschaft zu legitimieren, musste die junge Witwe Anchesenamun den alten Eje heiraten. Auf einem Ring fanden sich die Namen der beiden in königlichen Kartuschen. Es ist die letzte Spur von Anchesenamun.
Es ist möglich, dass die Königin vorher noch verzweifelt versucht hat, aus dieser für sie unzumutbaren Situation zu fliehen. Im hethitischen Staatsarchiv fand man einen Brief, der für die so genannte „Dahamunzu-Affäre“ sorgte. Dort schrieb eine Dahamunzu, das hethitische Wort für „Königin“, einen Brief an den Hethiterkönig Schuppiluliuma: „Mein Gemahl ist tot. Schicke mir deinen Sohn, und ich werde ihn zum König machen“. Der Plan ging nicht auf. Der Königssohn wurde auf dem Weg nach Ägypten ermordet. Die Wissenschaft streitet sich darum, ob Anchesenamun diesen Brief geschrieben hat. Ihre Mutter Nofretete, die ältere Schwester Meritaton oder Kija könnten ebenfalls die Verfasserin dieses skandalösen Briefes gewesen sein, der einem Ausländer die Krone Ägyptens anbot.
General Haremhab besteigt den Thron
Nach 4 Jahren Regierungszeit starb Pharao Eje und Haremhab bestieg den Thron Ägyptens. Anchesenamun war somit die Letzte aus ihrer Familie, die königliche Macht innehatte. Mit ihr starb die 18. Dynastie, die so viele berühmte Pharaonen hervorgebracht hatte: u.a. die Königin Hatschepsut, ihr Stiefsohn Thutmosis III. der aufgrund seiner vielen Feldzüge „Der Napoleon Ägyptens“ genannte wurde, der Ketzerpharao Echnaton und natürlich unseren kleinen Tutanchamun.
Mit der Ernennung seines Soldatenkameraden Ramses I. als Nachfolger läutete Haremhab die 19. Dynastie – das Zeitalter der Ramessiden – ein, aus dem der große Ramses II. hervorging. Haremhab vernichtete gnadenlos das Andenken von Tutanchamuns Familie. Nichts sollte mehr an die Familie des Ketzerpharaos Echnaton erinnern. Wenn er gewusst hätte, dass Tutanchamun mal der berühmteste von allen Pharaonen sein würde…
Der Grabschatz Tutanchamuns
Am 04. November 1922 machte der Ausgräber Howard Carter die Entdeckung seines Lebens. Er fand das bisher einzige unberührte Grab eines Pharaos. Zumindest fast unberührt. Das Siegel des Grabes war in antiker Zeit aufgebrochen und erneuert worden. Dinge fehlten, wie eine kleine goldene Statuette, bei der nur noch der Standfuß zu finden war.
Auf einem Bogenkasten waren eindeutig Fußabdrücke zu sehen. Einige munkeln, dass die Spuren von Howard Carter und seinem Mäzen Lord Carnarvon selbst stammten, die sich noch vor der offiziellen Graböffnung hereingeschlichen und Artefakte illegal entfernt haben. Wie dem auch sei, Carter brauchte 10 Jahre, um alle Gegenstände aus dem 80 qm kleinen Grab zu holen und zu katalogisieren. Im kleinsten Raum, der Seitenkammer, fanden die Forscher alleine 2000 Artefakte…
Die Archäologen waren erstaunt, als sie einige der Grabbeigaben betrachteten. Schon auf den ersten Blick sahen sie, dass es sich bei einigen Abbildungen nicht um das kindliche Gesicht mit den vollen Lippen Tutanchamuns handelte. Auf den zweiten Blick erkannten sie, dass bei einigen Gegenständen ein alter Name herausgekratzt und der Tutanchamuns einfach darüber geschrieben war.
Dazu gehören:
Die Kanopen
Deren Deckel haben anscheinend ein weibliches Antlitz. Eventuell das seiner Mutter? Wobei das Nemes-Kopftuch und die Uräusschlange eindeutig pharaonische Insignien sind. Also waren sie vielleicht ursprünglich für Nofretete, die sich gerne in pharaonischer Pose beim Erschlagen der Feinde abbilden ließ? Oder haben sie doch keine weiblichen Züge und zeigen Semenchkare, den ominösen Nachfolger Echnatons?
Vier Miniatursarkophage
An ihnen wurden die Namenskartuschen einfach geändert. Der vorherige „Besitzer“ war wahrscheinlich Semenchkare.
Der mittlere Sarkophag
Tutanchamuns mittlerer Sarkophag hat ein ganz anderes Antlitz als der äußere und innere Sarkophag.
Der Schrein/Der Sarg
Auf dem zweiten der insgesamt vier Goldschreine entdeckte Carter Veränderungen an den Kartuschen. Außerdem: Der in den ineinander geschachtelten Schreinen liegende Quarzit-Sarg war anscheinend zu klein für die drei darin liegenden vergoldeten Sarkophage. Beim Äußersten musste nämlich ein Stück herausgeschlagen werden, damit er hineinpasste.
Statuen
Einige Statuen besitzen eindeutig weibliche Gesichtszüge, manche sogar Brüste.
Weitere Objekte
Einige der Grabbeigaben gehörten eigentlich anderen Familienmitgliedern. Bspw. fand Carter Schreibpaletten von Tuts Geschwistern Maketaton und Meritaton, Armreife, Bögen und ein Kasten von Semenchkare sowie Uschebtis und vieles mehr. Bei einigen Objekten, wie z.B. den Schreibpaletten, könnte es sich aber auch durchaus um Familienerbstücke oder Geschenke an Tut gehandelt haben. Manche Wissenschaftler vermuten sogar, dass Tutanchamun aus Angst vor Racheakten in einer Nacht- und Nebelaktion seine verstorbenen Familienmitglieder von Achetaton weggeschafft und in ein anderes Grab umgebettet haben könnte. Einige Grabbeigaben behielt er dann evtl. aus Platzmangel bei sich und nahm sie schließlich mit auf seine eigene Jenseitsreise.
Liste von Tutanchamuns Grabbeigaben
Diese Liste der Grabgegenstände ist der aus dem Buch „Wie sie damals lebten“ (1997, Time Life) nachempfunden. Nachempfunden deshalb, weil ich einiges entfernt bzw. zusammengefasst/pauschalisiert, anderes wiederum hinzugefügt und ergänzt habe. Bei manchen Dingen konnte ich die Mengenangabe herausfinden, bei anderen leider nicht. Der Leser möge mir verzeihen, dass ich bei der Vielzahl von Objekten nicht alle erwähnt habe.
Aber zumindest gibt diese Liste einen guten und sicher auch erstaunlichen Überblick über die vielen Gegenstände in Tutanchamuns Grab.
155 Amulette/Objekte | „Ankleidepuppe“ | Anubis-Fetisch |
Anubis-Wächter | zahlreiche Armreife | Baldachin |
Bemalte Holztruhe mit Schlachtszene | Bemalte Holztruhe aus Elfenbein | 46 Bögen |
Bronzene Rasiermesser | Dolch mit Eisenklinge | Dolch mit Goldklinge |
Halskragen | 25 Fayencegefäße | „Feuerzeug“ |
130 Geh- und Kampfstöcke | 27 Handschuhe | 12 Hocker |
Hölzerne Ruder | 2 Kalzitlampen | Kanopenschrein |
Kanopentruhe | zahlreiche Ketten | zahlreiche Kisten, Körbe und Krüge, darunter 48 Kisten mit Rind- und Gänsefleisch, 116 Körbe mit getrockneten Früchten, 30 Weinkrüge, 2 Honigkrüge |
Klappbett | Königliches Diadem | 2 Köcher |
Kopfstützen aus Fayence, Glas, Elfenbein, vergoldetem Holz | 12 Laib Brot | Hunderte Lendentücher |
6 Liegen mit Katzenfüßen | 14 Meißel mit Eisenklingen | 6 Messlatten |
Miniatursarg mit Haarlocke der Königin Teje – Tutanchamuns Großmutter | 35 Modellschiffe | 2 mumifizierte Föten |
zahlreiche Ohrringe | 400l Öle und Salben | 454 Pfeile und Pfeilspitzen |
zahlreiche Ringe | 3 Ritualbetten | dutzende Sandalen |
3 Sarkophage | 8 Schilde | Schmuckkästchen mit Namen Tutanchamuns |
14 Schreibpaletten | vergoldeter Schrein | Schwert |
Skarabäus-Anhänger | Skarabäus-Brustschmuck | Skarabäus aus Harz |
4 Spielbretter | 30 goldene Statuen | 6 Streitwagen |
6 Stühle | Trompete | Umhang aus Leopardenfell |
413 Uschebti-Figuren | 2 Wächter in Lebensgröße | Wurfstöcke/Bumerangs |