Als Osiris vor vielen tausenden von Jahren geboren wurde, erschallte eine Stimme über ganz Ägypten, die die Geburt eines Gottes verkündete.
Auch andere Wunder geschahen. Als ein Mann namens Pamyles in einem Tempel einen Krug Wasser holen wollte, befahl ihm eine Stimme, voran zu gehen und die Geburt des guten und großartigen Königs Osiris zu verkünden. Osiris wurde zwar als Gott geboren, doch er wuchs als Mensch auf und als er erwachsen war, saß er auf den Thron Ägyptens.
Osiris als König der Menschen
Die Menschen waren zu der damaligen Zeit unkultiviert, nichts weiter als Barbaren. Doch Osiris zeigte ihnen den Ackerbau und wie man Korn und Gerste pflanzte. Zudem unterwies er sie im Weinanbau und gab ihnen Gesetze, die sie zu befolgen hatten. Er lehrte sie die Götter zu ehren und brachte ihnen Rituale bei, um sie anzubeten. An seiner Seite stand Thot, der den Menschen Wörter für Dinge gab, die vorher noch keinen Namen hatten. Thot erfand die Hieroglyphen, das Rechnen, die Baukunst und die Astronomie und zusammen mit Osiris brachten sie all diese Dinge den Menschen bei.
Nach einigen Jahren verließen Osiris und Thot Ägypten, um alle auswärtigen Länder ebenfalls zu kultivieren. Sie reisten nach Äthiopien über Arabien bis hin nach Indien, über den Hellespont bis nach Europa. Osiris’ Schwestergemahlin Isis blieb zurück in Ägypten und übernahm die Regierungsgeschäfte ihres Mannes. Zurück blieb auch Osiris‘ Bruder Seth.
Seths teuflischer Plan
Seth war sehr eifersüchtig auf seinen Bruder und neidete ihm die Königswürde, sein Land und seine Gemahlin. Also ersann er einen teuflischen Plan.
Er nahm heimlich die Maße von Osiris‘ Körper und fertigte eine wunderschöne Lade nach seinen Maßen an. Er sammelte 72 Schergen um sich, die Osiris bei seiner Rückkehr freudig begrüßten. Doch in ihren Köpfen planten sie bereits seinen Mord.
Seth veranstaltete ein großes Fest. Sein Bruder und seine 72 Schergen waren die Gäste. Nachdem schon viel gesungen und getrunken wurde, ließ Seth die Lade herholen. Die Gäste bewunderten erstaunt die Schönheit dieser Lade und Seth versprach sie dem zum Geschenk, der in sie hineinpasste. Einer nach dem anderen legte sich hinein doch bei keinem passte sie. Also forderte Seth seinen Bruder scherzhaft dazu auf, es doch auch einmal zu probieren.
Osiris ging zu der Lade hin, legte sich hinein und war erfreut darüber, dass er perfekt in sie hineinpasste. Doch in diesem Moment rannten Seths Schergen zu der Lade, klappten ihren Deckel zu, vernagelten ihn schlossen den Spalt zwischen Deckel und Wanne mit heißem Blei. Keine Atemluft drang mehr in die Lade und Osiris erstickte. Seths Schergen schmissen die Lade mitsamt Osiris in den Nil und die Strömung trug sie fort.
Seth veranstaltete ein großes Fest. Sein Bruder und seine 72 Schergen waren die Gäste. Nachdem schon viel gesungen und getrunken wurde, ließ Seth die Lade herholen. Die Gäste bewunderten erstaunt ihre Schönheit und Seth versprach sie dem zum Geschenk, der in sie hineinpasste. Einer nach dem anderen legte sich hinein doch bei keinem passte sie. Also forderte Seth seinen Bruder scherzhaft dazu auf, es doch auch einmal zu probieren.
Osiris ging zu der Lade hin, legte sich hinein und war erfreut darüber, dass er perfekt in sie hineinpasste. Doch in diesem Moment rannten Seths Schergen zu der Lade, klappten ihren Deckel zu, vernagelten ihn schlossen den Spalt zwischen Deckel und Wanne mit heißem Blei. Keine Atemluft drang mehr in die Lade und Osiris erstickte. Seths Schergen schmissen die Lade mitsamt Osiris in den Nil und die Strömung trug sie fort.
Isis‘ verzweifelte Suche
Isis verweilte gerade in der Nähe von Theben als sie von der schrecklichen Nachricht erfuhr. Großer Kummer befiel sie und sie reiste durch ganz Ägypten und fragte jeden den sie traf, ob er die Lade mit dem Körper ihres Mannes gesehen hätte. Keiner konnte ihr helfen.
Nephthys Verfehlung
Während ihrer Suche wurde Isis auch noch zugetragen, dass ihre Schwester Nephthys sich in Osiris verliebt und ihn verführt hatte. Eine bei Nephthys vergessene Girlande von Osiris stand als Beweis für diese Tat. Gerüchten zufolge soll sie schwanger geworden sein und aus Angst vor ihrem Gatten Seth das Kind heimlich zur Welt gebracht haben. Nach der Geburt setzte sie es sofort aus. Wilde Hunde fanden das Baby und schleppten es mit sich. Isis fand das Rudel und nahm ihren Neffen bei sich auf. Sie gab ihm den Namen Anubis und von da an wachte er über Isis, wie es auch sterbliche Hunde taten.
Isis verzieh ihrer Schwester Nephthys und beide trauerten über den Verlust ihres geliebten Osiris‘. Nephthys trennte sich von Seth und widmete sich von da an zusammen mit Isis der Suche nach Osiris.
Isis in Byblos – Die Lade im Tamarisken-Baum
Die Lade war zwischenzeitlich auf die Äste eines Tamarisken-Baumes gespült worden und er wuchs zu einem prächtigen Exemplar heran, der schließlich so groß wurde, dass er die Lade komplett umschloss und sie somit nicht mehr sichtbar war.
Schon bald sprach sich die Kunde von dem gigantischen Baum mit seinen wundervollen Blüten herum. Auch der König Malkander und seine Frau Königin Athenais hörten von ihm, ließen ihn fällen und als Pfeiler für ihren Palast aufstellen. Doch keiner ahnte, dass in dem Baum die Lade des Osiris steckte.
Die geheimnisvolle Frau
Isis‘ Suche war nach vielen Fehlschlägen nun doch noch erfolgreich. Eines Tages traf sie auf eine Gruppe von Kindern, die tatsächlich beobachtet hatten, wie die Lade in den Nil geworfen und wie sie von der Strömung nach Norden Richtung Meer geleitet wurde.
Daraufhin bestieg Isis ein Schiff und fuhr die Küste entlang bis nach Byblos. Sie ging von Bord und setzte sich schweigend an die Küste. Die Dienstmädchen von Königin Athenais, die zum Baden ans Meer gegangen waren, sahen die Frau dort sitzen und bewunderten sie aufgrund ihrer Schönheit und ihres wundervollen ägyptischen Kleides. Sie kamen mit Isis ins Gespräch und sie zeigte ihnen, wie sie ihre Haare flechten und am schönsten ihren Schmuck tragen könnten
Mit ihrem Atem überzog sie die Kleider der Mädchen mit einem wundervollen Duft. Als die Dienerinnen wieder in den Palast zurückgekehrt waren, fiel ihrer Herrin der atemberaubende Duft ihrer Kleider auf und sie erzählten von der geheimnisvollen Frau am Meer. Athenais ging zu der schönen Fremden. Sie waren sich sofort sympathisch und freundeten sich an. Sie lud Isis ein, mit ihr in den Palast zu kommen.
Das kranke Königskind
Im Palast angekommen, erfuhr Isis, dass der neugeborene Sohn der Königin an einer unheilbaren Krankheit litt. Isis versprach Athenais, den Säugling zu heilen. Doch nur unter der Bedingung, dass sie es auf ihrer eigenen Art und Weise und dies ohne Zeugen machen durfte. Die Königin willigte ein und ihr Sohn wurde unter Isis’ Händen von Tag und Tag stärker. Doch Athenais wurde neugierig und versteckte sich eines Abends im Kinderzimmer, um Isis bei ihrem Handeln zu beobachten. Und was sie sah erschrak sie sehr.
Die „närrische Mutter“
]Als Isis die Tür hinter sich verschlossen hatte, ließ sie eine hohe, züngelnde Flamme erscheinen, in der sie das Kind legte. Sie verwandelte sich in eine Schwalbe, die in die Lüfte stieg und klagend um die Flamme herum flog. Die Königin erwachte nun aus ihren Schrecken, riss panisch ihr Kind aus der Flamme und rannte aus dem Raum. Doch plötzlich stand eine Frau vor ihr. Es war nicht die Fremde sondern die Göttin Isis in Person.
‚Närrische Mutter‘, schalt Isis sie. Nur noch wenige Tage und alles Sterbliche wäre aus dem Körper des Kindes verbrannt gewesen und es wäre göttlich und unsterblich geworden. Die Königin bereute ihre Tat zutiefst. Doch wenigstens hatte ihr Kind seine Krankheit überwunden und so waren sie und ihr Gemahl der Göttin Isis sehr dankbar. Die beiden fragten die Göttin, was sie ihr als Dank zum Geschenk machen könnten.
Doch Isis verlangte nur nach dem hölzernen Pfeiler und König und Königin gaben ihr diesen verwundert zum Geschenk.
Osiris‘ Befreiung
Isis ließ sogleich nach Zimmermännern rufen, die den Stamm aufschlugen und die Lade aus ihm herausholten. Überglücklich ließ sie den Stamm wieder zusammenbinden und hüllte ihn in weißes Leinen. Sie bestreute ihn mit Blumen und Gewürzen und gab ihn dem König und der Königin zurück (von da an sollen die Menschen in Byblos den „Djed-Pfeiler“ verehrt haben und auch in Ägypten galt er als Schutzsymbol und Glücksbringer).
Isis‘ schreckliche Klage
Als Isis nun auf die Lade mit ihrem toten Gemahl blickte, versank sie wieder in allergrößter Trauer. Sie setzte sich auf die Lade und ihr Klagegesang war so schrecklich, dass einer von den Söhnen des Königs vor Angst dahinschied.
Isis nahm schließlich die Lade mit dem Körper ihres toten Mannes, lud sie auf ihr Schiff und segelte wieder Richtung Heimat. Mit an Bord war der älteste Sohn des Königs von Byblos. Auf ihrer Reise öffnete Isis die Lade und klammerte sich tieftraurig an den Körper ihres Mannes. Der Sohn des Königs schlich sich von hinten an sie heran, um einen Blick in die Lade zu werfen. Doch als Isis ihn bemerkte, versah sie ihn mit einem so furchterregenden Blick, dass er auf der Stelle tot umfiel.
Zeugung und Geburt von Horus
Wieder in Ägypten, zog Isis die Lade an Land, wo bereits Nephthys auf sie wartete. Beide stimmten einen magischen Gesang an, der so stark war, dass die Wärme und der Lebensatem wieder in Osiris Glieder flossen.
Gerade lang genug, damit Isis mit ihm ein Kind zeugen konnte. Aber Seth bekam Wind davon, schnappte Isis und sperrte sie in seinem Kerker ein. Doch Anubis half seiner Stiefmutter aus dem Gefängnis zu fliehen und sie versteckte sich in den Sümpfen. Als der Tag der Geburt kam, lag Isis in schlimmen Wehen. Ihr Sohn wollte einfach nicht das Licht der Welt erblicken. Doch auf einmal tauchten zwei Götter vor ihr auf, beschmierten ihre Stirn mit Blut (als ein Zeichen von Leben) und schließlich riss ihr Bauch auf und ihr Sohn sprang heraus.
Isis war sehr glücklich über die Geburt ihres Sohnes, dem sie den Namen Horus gab. Doch ihre Freude währte nicht lange. Thot erschien und drängte Isis, vor den herannahenden Seth zu fliehen. Er empfahl ihr, sich so lange zu verstecken, bis ihr Sohn alt genug wäre, auf dem Thron Ägyptens zu sitzen. Und so entschloss Isis, sich mit ihrem Sohn noch tiefer in den Sümpfen des Nildeltas zu verstecken.
Die sieben Skorpione der Isis
Die Göttin Selket schickte Isis sieben Skorpione zu ihrem Schutz. Zusammen mit ihrem Sohn und den Skorpionen streife Isis rastlos durch die Sümpfe des Deltas. Schließlich kamen sie zu einer kleinen Ansiedlung und zu dem Haus einer wohlhabenden Dame, die beim Anblick von Isis und ihren Begleitern erschrocken die Tür vor ihnen schloss, worüber Isis sehr verärgert und verletzt war.
Schließlich fand die Göttin Unterschlupf in dem Haus einer anderen Frau, doch Isis war immer noch erzürnt über das Verhalten der feinen Dame. Also übertrugen sechs der Skorpione ihr Gift an den siebten mit dem Namen Tefen. Dieser krabbelte zurück zu dem ersten Haus, schlüpfte durch einen Spalt unter der Tür ins Zimmer und stach den Sohn des Hauses mit dem Gift von sieben Skorpionen.
Verzweifelt rannte die Mutter aus dem Haus und erbat Hilfe für ihren totkranken Sohn. Doch dieses Mal war sie diejenige, die keine Hilfe fand. Schluchzend sah sie ihren Fehler ein, denn nun hatte sie am eigenen Leibe erfahren, wie es ist, alleine zu sein und keine Hilfe zu erhalten. Und so hatte Isis doch noch Mitleid mit ihr und sie schickte ihre Skorpione fort, um das Gift aus dem Körper des Jungen zu entfernen.
Horus liegt im Sterben
Einige Zeit später verließ Isis ihre Unterkunft in der Gestalt einer Bettlerin und die große Göttin bettelte für sich und ihren Sohn um Essen. Als sie wieder zurückkehrte, lag Horus weinend auf dem Boden und Speichel rann aus seinem Mund. Isis gab ihm die Milch einer göttlichen Brust zu trinken doch nichts geschah. Isis war außer sich vor Verzweiflung, als schließlich eine Frau vorbei kam und die Wurzel des Übels erkannte: Horus war von einem Skorpion gestochen worden.
Die Welt in Dunkelheit
Isis sagte sofort alle Zaubersprüche auf, die sie kannte, doch wieder geschah nichts. Schließlich kam Thot zu ihr und er erzählte Isis, dass er direkt von der Sonnenbarke kommen würde. Sie würde still stehen, die Welt wäre in tiefer Dunkelheit und die Barke würde erst wieder weiterziehen, wenn der zukünftige Sonnengott wieder geheilt sein würde. Isis machte ihm zuerst Vorwürfe, dass er so spät zu ihr gekommen war, doch Thot ließ sich dadurch nicht beirren und rezitierte eine lange magische Formel. Thots Zaubersprüche hatten Erfolg und Horus gesundete.
Thot gab Horus in die Obhut der Göttin Uto, die in Pe – einer Stadt auf einer schwimmenden Insel – residierte. Isis löste die Seile, welche die Insel festhielten und diese trieb so tief hinein in die Sümpfe, dass weder Gott noch Mensch sie finden konnte.
Seths Rache und der Triumph des Osiris‘
Osiris wurde von seiner Gemahlin natürlich nicht vergessen. Isis hatte die Lade versteckt und eines Tages, nachdem sie ihren toten Gemahl besucht hatte, machte sie sich wieder auf zu ihrem Sohn Horus nach Pe.
Es war Nacht und der helle Mond schien auf Seth, der ganz in der Nähe Wildschweine jagte. Schließlich stieß er auf die von ihm selbst angefertigte Lade.
Seth zerstückelt Osiris
Seth schrie auf vor Zorn, nahm den Körper des Osiris, zerfetzte ihn in 14 Teile und streute die Stücke in den Nil. Seth lachte böse und beglückwünschte sich zu seiner Tat. Denn es war eigentlich nicht möglich, den Körper eines Gottes zu zerstören, doch er hatte dies nun vollbracht – glaubte er.
Osiris‘ Sieg über den Tod
Isis setzte sich in ein Papyrusboot und fuhr den Nil entlang, um alle Teile ihres Mannes einzusammeln. Immer wenn sie eines fand, baute sie einen Schrein und gab vor, es zu verbrennen. Doch sie sammelte heimlich alle Körperteile ein und übergab sie Horus, Thot und Anubis, die sie wieder zusammensetzten. Schließlich hatte Isis alle Körperteile ihres Mannes gefunden.
Nur sein Geschlechtsteil hatte ein gottloser Fisch gefressen aber Isis formte es nach. So zusammengesetzt, wurde Osiris von Anubis und Horus einbalsamiert. Er konnte nun den Tod endgültig überwinden und in das Totenreich einziehen, wo er von da an herrschte.
Erläuterungen zum Osiris-Mythos
Der Osiris-Mythos muss im alten Ägypten sehr populär gewesen sein, denn bildliche Darstellungen aus diesem Mythos sehen wir oft auf Tempel- und Gräberwänden.
Besonders die Darstellung mit Osiris, wie er auf seiner Totenbahre liegt und die trauernden Frauen Isis und Nephthys am Kopf- und Fußende kauern, können wir häufig sehen. Seltsamerweise gibt es aber keine Abschriften dieses Mythos aus der pharaonischen Zeit. Neben den bildlichen Darstellungen, finden wir nur in den Pyramidentexten vereinzelt Hinweise auf die Geschichte mit Isis und Osiris.
Die berühmteste Fassung stammt denn auch von dem Griechen Plutarch ( 1. Jh. n. Chr. ). Doch auch andere ausländische Schriftsteller wie der Grieche Diodorus Siculus (1. Jh. v. Chr.) oder die Römer Firmicus Maternus (4. Jh. n. Chr.) und Macrobius (4./5. Jh. n. Chr.) haben den Osiris-Mythos niedergeschrieben.
Bei der obigen Geschichte handelt es sich um eine bunte Mischung aus allen genannten Quellen, doch die Geschichte von Plutarch war der Hauptbestandteil meiner Erzählung.