Die alten Ägypter waren gute Beobachter. Schon in frühester Zeit zählten die Ägypter ihre Monate und Tage mit Hilfe der alljährlich wiederkehrenden Nilüberschwemmungen und mit Hilfe des Mondes. So entstanden unterschiedliche Varianten des ägyptischen Kalenders.
Der bürgerliche Kalender
Der bürgerliche Kalender bezog sich auf das Sonnenjahr und die Jahreszeiten. Er bestand aus drei Jahreszeiten zu je vier Monaten. Jeder Monat hatte 30 Tage.
- Die 1. Jahrezeit hieß Achet und begann mit der Zeit der Überschwemmung
- Die 2. Jahreszeit hieß Peret und es begann die Aussaat
- Die 3. Jahreszeit hieß Schemu, „Hitze“, und war die Zeit der Ernte
- Am Ende des Jahres hangen die Ägypter noch fünf Tage an, die als Geburtstage der Götter Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys gefeiert wurden. Diese Tage nennt man die Epagomenen (gr. „die Nachfolgenden“)
Das Jahr begann ursprünglich genau mit dem Aufgang des Sothis-Sterns (wir kennen ihn auch unter dem Namen Hundsstern oder Sirius), also irgendwann zwischen dem 10. Juni und 19. Juli. Doch dadurch, dass das Jahr nicht 365 Tage, sondern 365,24 Tage lang ist (wir gleichen die Differenz durch ein Schaltjahr aus), verschob sich dieser Kalender alle vier Jahre um einen Tag, weshalb man den bürgerlichen Kalender auch Wandeljahrkalender nennt.
Dieses Sonnenjahr war Grundlage für offizielle Datumsangaben, Verwaltung und Steuern (deshalb bürgerlicher Kalender).
Der Mondkalender – Der Aufgang des Sothis-Sterns
Neben dem bürgerlichen Kalender gab es es wohl schon seit frühester Zeit einen zweiten, für den Ritualdienst wichtigeren Kalender: Den Mondkalender oder Ritualkalender, dessen Monate sich an den Mondphasen orientierten und der zum Festlegen aller wichtigen Feste und Rituale diente, und dessen zwölf Monate nach den in ihnen gefeierten Festen benannt sind.
Astronomisch genau festgelegt
Ein Mondmonat begann immer unmittelbar nach Neumond und so begann auch der erste Monat des Mondkalenders (wp.t-rnp.t, “Jahresöffner”) immer mit dem ersten Neumond nach dem Erscheinen der Sothis, war also astronomisch genau festgelegt. Die Priester in ihrer Funktion als Astronomen mussten durch Himmelsbeobachtungen Monatsanfänge bestimmen und konnten so die Feste auch im bürgerlichen Kalender fixieren.
Die Nachteile des Mondkalenders
Es ist allerdings so, dass ein Mondmonat im Schnitt 29,5 Tage dauert. Der zwölfmonatige Mondkalender hatte also im Schnitt eine Jahreslänge von nur 354 Tagen, war also etwa 11 Tage kürzer als das Sonnenjahr. Deshalb war oft ein dreizehnter Schaltmonat notwendig.
Während aber der bürgerliche Kalender beständig wanderte, nämlich alle vier Jahre um einen Tag, und zwar ohne Rücksicht auf den Sothisaufgang (so findet man beispielsweise in den Lahun-Papyri “Wisse, dass der Aufgang der Sothis im 1. Monat Peret, am 16.Tag stattfindet”), war dieser Mondkalender fest im Sonnenjahr verankert.
Die Kalenderreform – Der bürgerliche Mondkalender
Weil der Mondkalender durch den bürgerlichen Kalender wanderte, verschob sich der Jahresanfang des Mondkalenders immer weiter in den Jahreszeiten des bürgerlichen Kalenders.
Bestenfalls sollte der 1. Monat Achet (also die erste Jahreszeit im bürgerlichen Kalender) mit dem „Jahresöffner“-Monat des Mondkalenders zusammenfallen. Doch in der 18. Dynastie begann der Monat am 9. Tag im 3. Monat Schemu (das ist die dritte Jahreszeit). In der 19. Dynastie war er schon im 4. Monat Schemu. Der „Jahresöffner“ war also im letzten Monat des bürgerlichen Kalenders.
Es wurde Zeit für eine Reform, nämlich dem Zusammenschluss des bürgerlichen Kalenders und des Mondkalenders.
Vorbei mit den Doppelleben von zwei Kalendern
Dafür fixierte man den Mondmonat am bürgerlichen Kalender, einige Monate wurden umbenannt und ihre Länge auf 30 Tage festgelegt. Der erste Monat Achet wurde zu Djehuti, der zweite Monat Achet zu Pa-en-Ipet, usw. (siehe Tabelle unten). Der bürgerliche Mondkalender entstand und es war vorbei mit dem Doppelleben von zwei Kalendern. Nur wanderte noch das bürgerliche Jahr unverändert um einen Tag alle vier Jahre.
Das Schaltjahr
Erst Ptolemaios III. (246 – 222 v. Chr) machte diesen Treiben ein Ende und fügte dann endlich alle vier Jahre noch einen weiteren Tag hinzu. Da die alten Ägypter aber sehr traditionsbewusst waren, erfreute sich der neue ägyptische Kalender weniger Beliebtheit. Erst der römische Kaiser Augustus sprach ein Machtwort und fügte alle vier Jahre ein Schaltjahr hinzu.
Die Monate des ägyptischen Kalenders
Monatsname | |||
Jahreszeit | Monat | Mondkalender in 18. Dynastie (Papyrus Ebers) | reformierter Kalender ab der 19. Dynastie (Bürgerlicher Mondkalender) |
Achet Überschwemmung |
1 | „Kleidung“ |
„Thot“ |
2 | „Hathor“ |
„Der der Ipet“ |
|
3 | „Ka auf Ka“ |
„Hathor“ |
|
4 | „Erscheinung (?) des Emmers“ |
„Ka auf Ka“ |
|
Peret Aussaat |
1 | „Großer Brand“ |
„Der des großen Festopfers“ |
2 | „Kleiner Brand“ |
? |
|
3 | „Renenutet“ |
„Der des Amenophis“ |
|
4 | „Chons“ |
„Der der Renenutet“ |
|
Schemu Hitze |
1 | „Chentechtai“ |
„Der des Chons“ |
2 | „Ipet“ |
„Der des Tal(fest)s“ |
|
3 | „Jahresöffner“ |
? |
|
4 | „Rausch, Trunkenheit“ |
„Geburt des Re“ |
Epagomene | Tag | Name |
„Geburt der Götter“ |
1 | „Geburt des Osiris“ |
2 | „Geburt des Horus“ |
|
3 | „Geburt des Seth“ |
|
4 | „Geburt der Isis“ |
|
5 | „Geburt der Nephthys“ |
24 Stunden
Auch bei den alten Ägyptern bestand ein Tag schon aus 24 Stunden, nämlich aus 12 Tag- und 12 Nachtstunden. Während der Sonnengott tagsüber 12 Stunden am Horizont entlangfuhr, reiste er in der Nacht durch 12 Pforten, die für die 12 Stunden der Nacht standen (→ Der Sonnengott)
Die Einteilung in Minuten und Sekunden kannten die alten Ägypter nicht. Für eine kurze Dauer nutzten sie das Wort „at“, das einfach eine unbestimmte Zeitdauer, einen kurzen „Moment“ bezeichnete.