Im alten Ägypten war es natürlich die Hauptaufgabe eines Priesters, seinem jeweiligen Gott zu huldigen. Dazu musste er strenge Reinheitsgebote einhalten.
Er musste sich zweimal am Tag und zweimal in der Nacht waschen. Seit dem Neuen Reich musste jeder Priester zudem noch seinen kompletten Körper rasieren. Kein Haar, weder am Kopf noch am restlichen Körper, durfte zu sehen sein. Die Nägel musste er sehr kurz schneiden und scharfe Natronpillen sollten für die innere Reinheit sorgen. Saubere Leinengewänder waren natürlich ebenfalls Pflicht.
Der ägyptische Priester lebte nicht im Zölibat, galt aber nach dem Geschlechtsverkehr als unrein und musste sich erst wieder einer rituellen Reinigung unterziehen.
Wie wurde man Priester?
Mafiöse Machenschaften
Mit einem Mangel an Spiritualität könnte man die mafiösen Machenschaften vieler Priester erklären, die weder vor Korruption und Bestechung, noch vor Mord und Totschlag zurückschreckten
Priester konnte in Ägypten im Prinzip jeder werden. Es war egal, ob der Anwärter aus einer reichen oder einer armen Familie stammte. Selbst das Geschlecht war gleichgültig. Es sind sowohl weibliche als auch männliche Priester bekannt, wobei letztere den Großteil der Priesterschaft ausmachte.
Aufnahmezeremonie?
Von einer Aufnahmezeremonie ist nichts bekannt aber die jungen Erwachsenen verpflichteten sich wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang zu dem Dienst an ihrem Gott. Viele Priester wohnten in Dörfern und hatten Familien mit Kindern, an welche sie ihre Priesterwürde weitervererben konnten. Natürlich war es auch dem Pharao möglich, einen seiner Untertanen in ein heiliges Amt zu berufen.
Armeeoffiziere für das Amt des Hohepriesters
Für die Ägypter war es nichts Außergewöhnliches, Männer ohne große Neigung zur Spiritualität in den Priesterämtern sitzen zu haben. Hauptsache, derjenige konnte gut für die jeweiligen Zwecke eingesetzt werden. So wurden in der 18. Dynastie zuverlässige Armeeoffiziere in das Amt des Hohepriesters eingesetzt – wahrscheinlich, um die Macht der habgierigen Priester einzuschränken.
Die ägyptischen Hohepriester, allen voran der Hohepriester des Hauptgottes Amun, besaßen als Stellvertreter des Pharaos und somit Augen und Sprachrohr der Götter, sowie mit einem schier unermesslichen Reichtum im Rücken, eine außergewöhnliche Macht.
Von ‚Vollzeit-‚ und ‚Teilzeit‘- Priestern
Die ägyptische Priesterschaft konnte man in zwei Klassen unterteilen
- Die „Vollzeit-Priester“, die ihr ganzes Leben dem Dienst an ihrem Gott widmeten, nannten die Ägypter „hem-netjer“, was so viel wie „Gottesdiener “ hieß.
- Es gab aber auch „Teilzeit-Priester“, die so genannten wab-(„Reinigungs“-) Priester. Arbeiter der gemeinen Klasse, wie Staatsbeamte, Handwerker oder Bauarbeiter konnten sich für einen Monat im Jahr für den Dienst eines Gottes verpflichten. Diese Priester traten hauptsächlich im Bereich der Totenrituale in Erscheinung. Sie waren Gast bei Bestattungen, wo sie Gebete für den Toten sprachen und Opfergaben darbrachten.
Ränge und Titel
Ähnlich wie bei den Beamten gab es auch bei den Priestern unterschiedliche Ränge und Titel
An oberster Stelle stand der Hohepriester, der den Titel „erster Gottesdiener“ (hem-netjer-tepi) trug. Als Stellvertreter galt der 2. Hohepriester und teilweise gab es sogar einen dritten und vierten Stellvertreter.
Weitere wichtige Titel waren:
- der Vorlesepriester (cheriheb): bei Toten- und Kultritualen rezitierte er magische Texte und Kultformeln. Er trug eine breite Schärpe über seiner Brust
- der sem-Priester: war sehr wichtig für Bestattungsrituale. Er führte das Mundöffnungsritual durch, damit die Seelen des Verstorbenen wieder in seinen Körper zurückkehren konnten. Ein typische Kleidung dieses Priesters war das Leopardenfell.
Rundumversorgung für den Gott
Zweimal am Tag, morgens und abends, ging der Hohepriester, begleitet von der höchsten Priesterschaft, in das Allerheiligste des Tempels. Außer diesen eingeweihten Personen und dem Pharao, durfte niemand den heiligen Raum betreten.
Reinigung
Bevor die Priester den Ort betreten durften, mussten sie sich erst einem intensiven Reinigungsritual unterziehen und ihre kompletten Körper mit Wasser und Natron reinigen. Wenn sie von oben bis unten gereinigt waren, konnte der Hohepriester das Siegel erbrechen, welches das Heiligtum vor unbefugtem Zutritt schützte.
Eine Statue für die Ka-Seele
Danach betraten sie den dunklen Raum, in dem sich kein Tageslicht verirrte. Der schwere und reinigende Duft von Weihrauch erfüllte das Allerheiligste. Eine Fackel wurde entzündet, um den schlafenden Gott zu wecken. Die Ägypter glaubten, die Ka-Seele des Gottes würden in seiner Statue wohnen und die Priester taten daher alles, damit es dem Gott dort auch weiterhin gefiel.
Salben und Ankleiden
Dazu holten die Priester behutsam die Statue aus ihrem Schrein und stellten sie auf einen Sandhügel. Dieser stellte den Urhügel dar, der zum Anbeginn der Zeit aus dem Urgewässer hervortrat und aus dem alles Leben hervorging. Die Priester entfernten die Kleider der Statue und reinigten den Körper vom Salböl des letzten Rituals. Anschließend salbten und parfümierten sie die Statue erneut.
Ihren Körper bedeckte der Hohepriester mit frischen Kleidern. Um den Gott zu erfreuen und um den Ka in die Statue des Gottes zu locken, legten die Priester Tücher, Schmuck, teure Düfte sowie Krone und Zepter als Opfergaben vor ihm nieder. Speisen und Getränke sollten für das leibliche Wohl des Gottes sorgen.
Ende der Zeremonie
Nach diesen Ritualen, die von Gebeten und Gesängen begleitet wurden, reinigte und salbte der Hohepriester die Statue erneut und kleidete sie wieder in frisches Leinen neu ein. Sand wurde auf dem Boden ausgestreut. Die Priester verneigten sich und gingen in dieser gebückten Haltung rückwärts hinaus. Die Fußspuren im Sand verwischten sie mit einem Besen. Die Tür zum Allerheiligsten wurde wieder versiegelt, damit der Gott bis zum nächsten Besuch ungestört war.