Meretseger – „Sie liebt die Stille“

Die Göttin Meretseger
Rijksmuseum van Oudheden

Die Übersetzung ihres Namens „Sie liebt die Stille“ passt zu dem Ort an dem sie verehrt wurde.

Die Göttin lebte im Westgebirge von Theben, dort wo die Toten zur Ruhe gebettet wurden. Die Göttin wurde ursprünglich als personifizierte thebanische Nekropole verehrt, bis sie als „Herrin des Ta-Dehenet“ mit dem „El-Qurn“ (so der heutige Name) verbunden wurde. Der „El-Qurn“ ist die höchste Erhebung über dem Tal der Könige und wurde als ein Eingang in die Unterwelt ehrfürchtig verehrt. Wahrscheinlich hatten die Könige ihre Gräber wegen dieser pyramidenförmigen Spitze in genau diesem Tal angelegt.

Meretseger bewachte die Gräber der Toten, aber beschützte auch die Lebenden. Die einfachen Arbeiter, die in Deir el- Medinah lebten und von dort aus die Gräber der Könige und Königinnen errichteten, verehrten sie als Göttin, die Leid und Krankheiten heilen konnte. Als Göttin der westlichen Wüste, schützte sie vor heimischem Getier, wie Skorpionen und Schlangen. Wer sich nicht an geltendes Gesetz hielt oder sogar Gräber plünderte, musste sich vor der Strafe Meretsegers fürchten. Aber sie konnte auch gütig und barmherzig sein und den Menschen, die sie anbeteten, Vergebung schenken. In Deir el-Medinah fand man viele Stelen, auf denen die Verfasser die Göttin kniend um Vergebung und Hilfe anflehten. Die teilweise rührend zu lesenden Stelen zeigen offene Einsicht über das Fehlverhalten des Besitzers und gleichzeitig ein unerschütterliches Vertrauen darin, dass die Göttin ihm in ihrer Barmherzigkeit vergeben würde.

Auf einer Stele des Nekhtamuns, die heute in Turin aufbewahrt wird, heißt es:

Der Gipfel des Westens
Reicht die Hand dem, der sie liebt
Und gibt demjenigen Schutz, der sie in seinem Herzen festhält

Votivstele aus Deir el-Medinah von Pendoea und seinem Sohn Shedsoeany, die die Göttin Meretseger anbeten
Neues Reich, 19. Dynastie
Museo Egizio Turin

Ebenfalls im Turiner Museum ist die Stele eines Mannes namens Neferabu ausgestellt. Dieser beschreibt sich selbst als unwissenden und törichten Mann, der das „Böse nicht von Gutem unterscheiden konnte“. Für sein Fehlverhalten strafte ihn die Göttin mit Blindheit, aber als Neferabu die Göttin um Vergebung bat, kam sie „wie eine süße Brise“ zu ihm und vergab ihm seine Verfehlungen und schenkte ihm sein Augenlicht zurück. Aus Dankbarkeit errichtete er die Stele, erzählte seine Geschichte und warnte andere vor der Macht der Göttin.

Die Vielzahl der gefundenen Stelen belegen, wie hoch der Stellenwert von Meretseger für die Arbeiter der Nekropole war. Doch mit dem Untergang der Arbeiterstadt und der Aufgabe der königlichen Nekropole, erlosch auch der Glaube an Meretseger in den Köpfen der Menschen.

Darstellung

Dargestellt wurde Meretseger als Frau mit Schlangenkopf oder umgekehrt als Schlange mit Frauenkopf. Auch als Schlange ist sie zu sehen. In einigen Abbildungen trägt die Göttin Kuhgehörn und Sonnenscheibe der Göttin Hathor, über der manchmal ein Federpaar abgebildet ist. Seltener sieht man sie als liegenden Löwen mit Schlangenkopf.

Der Name Meretseger

Der Name bedeutet „Sie liebt die Stille“.

Meretseger in Hieroglyphen

Weitere Namensformen

Merisger, Meresger, Meritseger. Meretsegeret, Mertsekeret

Erste Erwähnung des Namens

18. Dynastie

Verbindungen mit anderen Göttern

Mit der Göttin Hathor ging sie eine Verbindung als Hathor-Meretseger ein.

Orte/Zeiten der Verehrung

In der 18. Dynastie in Esna, in der 19. und 20. Dynastie in Theben-West.

Ein Heiligtum der Göttin liegt zwischen dem Tal der Königinnen und dem Arbeiterdorf Deir el-Medinah in Theben-West. Die hier arbeitenden Handwerker opferten dort in einem kleinen Tempel, der aus Nischen. Felsenkammern und einem kleinen Hof besteht. Vereinzelt ist sie auch in Königsgräbern dargestellt.

Meretseger-Heiligtum in der Nähe von Deir el-Medinah